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Notities

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Voorkant Precht 'Erkenne dich selbst' Richard David PRECHT
Erkenne dich selbst - Eine Geschichte der Philosophie - Band 2: Renaissance bis Deutscher Idealismus
Wilhelm Goldmann Verlag, München, 2017, 1263 blzn.;
ISBN-13: 978 36 4118 2274

Einleitung

"Wie im ersten Band dieses Projekts betreffen die neuen Akzente bei mir vor allem die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte sowie Fragen nach der Leiblichkeit und der Biologie."(11)

"Der Generalist hat es heute schwer."(13)

"In Frankreich treten spätestens mit der Revolution die allgemeine Vernunft und der allgemeine Wille an die Stelle Gottes; in Großbritannien tut dies der heilbringende Markt. Und während der Vernunftabsolutismus nur ein kurzes heftiges Feuer abbrennt, erfreut sich der Marktabsolutismus noch immer zahlreicher mächtiger Anhänger in aller Welt." [mijn nadruk] (18-19)

(22) Das Geleit der Könige - Vom irrealen Zauber der Malerei

Over De Medici van Florence:

"Als Bankiers für Fürsten und Päpste sind sie die führenden Repräsentanten jener Kaste, die schon seit dem 13. Jahrhundert das Mittelalter dynamisiert. Die christlich wohlgeordnete Welt entzaubern sie durch die seelenlose Rationalität von Geld, Kalkül und Effizienzdenken. Zugleich aber geben die Herren der kalten Münze prachtvolle Umzüge wie am Johannistag des Jahres 1445 in Auftrag, bei dem Laienspieler, Prominente und zweihundert Pferde die Weihnachtsgeschichte opulent nachspielen."(30)

(38) Philosophie der Renaissance

(41) Die Welt in uns selbst

"Überall erscheint den Menschen die Welt als eine Ansammlung von Widersprüchen. Eine übergreifende Ordnung ist weit und breit nicht in Sicht. Der klare Verstand kann die Widersprüche nur feststellen, aber nicht auflösen."(43)

Over Nikolaus von Kues (Cusanus) die o.a. geïnspireerd werd door Ramon Llull:

"Wie Platon und Aristoteles unterscheidet der junge Diplomat in päpstlicher Mission zwischen Verstand (ratio) und Vernunft (intellectus). Der Verstand ist das gleichsam technische Hilfsmittel, das es uns ermöglicht, logische Schlüsse zu ziehen. Die Vernunft dagegen ist das umfassendere Einsichtsvermögen, das jene Voraussetzungen erkennt, die allem logischen Schließen zugrunde liegen. Als geistige Besonnenheit ist sie weit mehr als Logik; sie ist Weltklugheit. Diese Vernunft, meint Cusanus, sagt uns, dass die Ratio nicht alles ist. Sie sagt uns, dass der Verstand, wenn er sich bemüht, die Natur zu durchdringen, keine Einheit vorfindet, sondern ein endloses Hin und Her in einer Welt aus Gegensätzen. Aristoteles hatte versucht, diese Gegensätze zu harmonisieren.(...) Kurz gesagt: Aristoteles hatte die Dinge so voneinander geschieden, dass ihr Zusammenspiel aus Gegensätzen unter den Tisch fiel.(...)
Die Philosophen hatten die Welt nur rational betrachtet und möglichst widerspruchsfrei sortiert. Es komme aber darauf an, die Einheit der Welt als ein Zusammenspiel von Gegensätzen zu verstehen, die sich nicht logisch beseitigen lassen. Damit, so meint Cusanus stolz, stehe die Philosophie vor einem umfassenden Neuanfang."[mijn nadruk](46-48)

"Man muss die Welt nicht mit dem Verstand durch und durch logisch ergründen wollen, wie Aristoteles es versucht hatte und mit ihm so viele Philosophen des Mittelalters. Weltklüger ist es, sich die Ohnmacht des Verstands bei höchsten und letzten Fragen ganz einfach einzugestehen!"[mijn nadruk](51)

"Der Vernünftige weiß um die Beschränktheit des Verstands."(52)

"Ramon Llull war ein Philosoph des Mittelalters; allerdings nur, weil er im 13. Jahrhundert lebte. Was seine Gedanken anbelangt, so war er ein Künder jenes Neuen, das man später als typisches Gedankengut der Renaissance beschreiben wird. Dieses Neue lässt sich in fünf kurzen Sätzen zusammenfassen. Llull setzte, wie später Cusanus, die Vernunft über den Verstand. Er suchte – philosophisch und naturwissenschaftlich beschlagen – das Universalprinzip, das die Welt im Innersten zusammenhält. Dieses Prinzip konnte für ihn in einer Welt des permanenten Werdens und Vergehens kein »Sein« sein, sondern nur ein »Wirken«. Llull fahndete nach dem spirituellen Kern dieses Wirkens und damit nach dem Gemeinsamen aller Religionen; folgerichtig predigte er religiöse Toleranz. Und er setzte den einzelnen Menschen, das Individuum in seiner Besonderheit, ins Zentrum seiner Philosophie. All dies gilt heute als das Denken einer gegenüber dem Mittelalter neuen Epoche."(52-53)

"Für viele heutige Leser sind solche Gedanken unverständlich und auf eine vorwissenschaftliche Weise einfältig. Es gibt nur eine Logik und eine Rationalität, und die haben mit spirituellen Einsichten nichts zu tun. Doch so einfach ist die Sache nicht. Llull sieht nämlich völlig zu Recht, dass das, was den Menschen antreibt, nicht seine Rationalität ist. Wenn wir nach Güte, Liebe und Wahrheit streben, dann ist dieses Streben nicht logisch erklärbar. Stattdessen wirken Kräfte in uns, die uns überhaupt erst dazu anspornen, nach der Wahrheit zu suchen und dabei logische Gedanken zu entwickeln. Im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit gehen nahezu alle Menschen davon aus, dass diese Kräfte und Energien »von oben«, also göttlich, auf uns einwirken, um uns als Menschen zu erhöhen. Jahrhunderte vor Charles Darwin sieht man sie nicht als sozial hoch verfeinerte animalische Bedürfnisse an, wie es heutige Biologen tun. Streben und Denken, Trieb und Verstand als zwei Seiten einer Medaille zu sehen, wie Llull es tut, ist wegweisend. Und Wirkkraft und Rationalität zusammen in einer »neuen Logik« zu denken ist im 13. Jahrhundert keineswegs ein abwegiger, sondern ein kluger Gedanke."[mijn nadruk](61-62)

Dat soort denken inspireerde Cusanus dus.

"Wie Llull wertet er diesen Erkenntnisprozess als die Chance, sich selbst zu vergöttlichen. Die Unendlichkeit, das Absolute, ist in uns selbst. Es ist nicht Teil der Außenwelt, sondern intime Innenwelt."(73)

"Im Gefolge Llulls hat er die entscheidende Wende der Philosophie vorgedacht. Diese Wende lautet: Alles, was ich von der Welt weiß, weiß ich in meinen Gedanken. Folglich muss ich nicht die Welt untersuchen, von der ich außerhalb meiner Gedanken nichts wissen kann. Sondern ich muss meine Gedanken ergründen, um in ihnen die Welt zu erkennen. Modern ausgedrückt ist Cusanus ein früher Vertreter der Bewusstseinsphilosophie."(73)

[Ik denk dat er wel wat is af te dingen op wat Precht hier stelt. Spirituele inzichten? Spirituele werking? Waarom zouden we ons met zoiets vaags bezig houden? Wat zeg je als je het hebt over 'het oneindige in onszelf' of 'het absolute in onszelf? Ik vind het opvallend hoeveel in dit soort denken van Llull en Cusanus een taalspel is, talige onderscheidingen die een eigen leven gaan leiden als waren de abstracties waarnaar ze verwijzen dingen die ruimtelijk zijn en werkelijk bestaan. Helemaal in de lijn van Plato, het Neoplatonisme, etc., al is de richting nu naar binnen en wordt het bewustzijnsfilosofie. Dat is het universalia-probleem eigenlijk ten voeten uit.]

"Dieser Konflikt, der sich durch das ganze Mittelalter zieht, ist als Universalienproblem in die Geschichte eingegangen. Bezeichnen Worte wie »Menschheit« oder »das Gute« Dinge, die es tatsächlich gibt? Oder sind »Menschheit« und »das Gute« nur Worte, begriffliche Konventionen, ohne eine objektive Entsprechung?"(83)

[Dat laatste natuurlijk :-) Het nominalisme wint.]

"Der Kaufmannsstand, lange von der Kirche beargwöhnt und gering geschätzt, hat seine religiösen Fesseln abgelegt, tatkräftig unterstützt von pragmatischen Männern der italienischen Kirche. Der Weg ist frei für eine neue Welt …"(86)

(87) Neue Perspektiven

Over de opkomst van bankbiljetten en de geldeconomie.

"Ohne Papiergeld hätte sich der Kapitalismus niemals so entfalten und verbreiten können, wie er es vom Italien des 15. Jahrhunderts aus tat. Die virtuellen Geldflüsse begünstigen zugleich neue Entdeckungen und Erfindungen. Sie verändern den Umgang der Gesellschaften mit Abstraktionen, mit symbolischen Werten und mit fiktiven Welten. Nach und nach verlagern sie sich von der Religion in die Ökonomie und verlassen damit ihr angestammtes Terrain zugunsten eines anderen. Der Spielraum öffnet sich für eine nicht-klerikale Philosophie und Welterklärung."(88)

De rol van de filosofie verandert dus ook.

"In Italien entwickelt sich, anders als in Deutschland, ein völlig neues Berufsbild des Philosophen. Waren sämtliche Philosophen des Mittelalters Theologen im Dienste der Orden und der Kirche gewesen, so kommt nun südlich der Alpen die Rolle eines öffentlichen Intellektuellen fernab der Kirche auf."(92)

"Der philosophiegeschichtliche Begriff »Humanismus« dagegen meint etwas anderes. Er bezeichnet eine Tradition, die mit dem Dichter, Philologen und Historiker Francesco Petrarca (1304 – 1374) und seinem Dichterkollegen Giovanni Boccaccio (1313 – 1375) beginnt. Man entdeckt die Kultur der Römer und später der Griechen neu, studiert ihre Sprache, kopiert ihren Stil und besinnt sich auf deren positive Errungenschaften. Die Humanisten des 15. Jahrhunderts sind Schriftgelehrte in den alten Sprachen. Ihr Wunsch und ihre Bereitschaft, daraus Schlüsse für die Gegenwart zu ziehen, sind allerdings höchst unterschiedlich. Es gib einen gelehrten stillen, einen schwärmerisch utopischen und einen kämpferisch politischen Humanismus. Alle zusammen prägen sie eine Epoche, die man später »Renaissance« (»Wiedergeburt«) nennt – die Modernisierung der europäischen Kultur aus dem Geiste der griechisch-römischen Tradition." [mijn nadruk](94)

Briefwisselingen spelen daar een grote rol in.

"Von griechischem und römischem Boden aus träumen sie [de humanisten - GdG] von einer gerechteren Welt, einer menschlicheren Moral oder einem besser regierten Staat."(96)

"Die antiken Autoren werden philologisch sorgfältig begutachtet auf der Suche nach ihren ursprünglichen Absichten. Die Humanisten reinigen die alten Texte von christlicher Firnis und versuchen ihren originalen Geist zu erspüren und zurückzugewinnen. Ein Meister dieses Metiers ist Lorenzo Valla (1405/07 – 1457).
Immer wieder entdeckt er, wie das Mittelalter die antike Tradition verzerrt, verfälscht und missverstanden hat. In seinem Buch Von der Lust greift er die alte platonisch-stoisch-christliche Traditionslinie an, Tugend mit Glück gleichzusetzen. Valla dagegen sieht das Glück nicht in der Tugend, sondern in der Lust. Damit ergreift er Partei für die bei den Christen stets verrufenen und verschrienen Epikureer. Doch Valla bleibt gleichwohl auch Christ und geht weit über Epikur hinaus. Nicht im diesseitigen Leben winke die höchste Lust, sondern im Jenseits."(98)

"Während Valla sich darum bemüht, den originalen Geist der Antike wieder aufleben zu lassen, sind viele berühmte Männer in einem ganz anderen Metier damit beschäftigt, die Welt in einem neuen Licht, einer neuen Perspektive zu sehen. Diese Leute sind Handwerker, wenn auch in einem besonderen, neu definierten Sinn. Und wenn man heute an die Renaissance denkt, so denkt man wahrscheinlich als Erstes an sie – an Maler wie Piero della Francesca, Sandro Botticelli, Leonardo da Vinci, Raffael und Michelangelo."(102)

Grote veranderingen in de schilderkunst door het perspectief. De inhoud wordt seculier. De architectuur moet de wereld beter maken.

"Ideale Stadtplanungen – von denen es im Gefolge Albertis viele gibt – sollen mit logischer Präzision ideale Gesellschaften hervorbringen."(109)

"Anders als Aristoteles gilt Platon im Spätmittelalter eher wenig und ist sogar einigermaßen in Vergessenheit geraten. Die meisten Dialoge sind nie ins Lateinische übersetzt worden."(112)

Marsilio Ficino (1433 – 1499) vertaalt Plato in zijn geheel in het Latijn (verschijnt 1484).

"Ficinos »Theosophie« ist elegant formuliert, ästhetisch ausgefeilt und von Lichtmetaphorik illuminiert. Seine Schriften lesen sich eher wie Literatur als wie Philosophie. Für bedeutend halten wir sie heute vor allem deshalb, weil sie vom Menschen schwärmen. Sie sehen ihn als den Mittelpunkt des Universums und als einen freien Gestalter seiner Innen- und Außenwelt."(123)

"In Ficinos Philosophie ist nichts gesagt über Machtverteilung oder Regierungsform. Alles bleibt im Theoretischen, und nichts wird praktisch. Und so privilegiert der Günstling der Medici sein Leben lang ist, so folgenlos bleiben seine Gedanken für die Gesellschaft und die Stadt Florenz." [mijn nadruk](125)

In tegenstelling tot Giovanni Pico della Mirandola (1463 – 1494).

"Der junge Pico bewundert den strengen Wahrheitsbezug der aristotelischen Philosophie und verteidigt ihn gegen die rhetorische Leichtfüßigkeit der Humanisten. Aber er will keine Spaltung, sondern eine neue Einheit. Er liest alles, was er auftreiben kann, er studiert Platon, Plotin und Hermes Trismegistos mit Ficino. In Paris beschäftigt er sich mit dem Perser Avicenna und dem Araber Averroës. Er liest die Klassiker des Mittelalters wie Thomas von Aquin, Johannes Duns Scotus und Heinrich von Gent. Und er vertieft sich ausgiebig in die jüdische Philosophie, vor allem in die Schriften der Kabbala, in Moses Maimonides, in Nachmanides und Levi ben Gershon. Pico sucht nach der gemeinsamen Wahrheit in all diesem so unterschiedlichen Denken." [mijn nadruk](126-127)

"Kein griechischer oder römischer Philosoph und erst recht kein Kleriker des Mittelalters hatte je so pathetisch von der Freiheit und Selbstbestimmung (sibi praefiniens) des Menschen gesprochen wie der junge und reiche Aristokrat Pico."(131)

Andere originele denker: Pietro Pomponazzi (1462 – 1525), die nadenkt over de onsterfelijkheid van de ziel en de vrije wil.

"In Pomponazzis Welt der Naturgesetze gibt es keine Freiheit. Während Ficino und Pico in Florenz von der uneingeschränkten Freiheit des Menschen schwärmen, kann Pomponazzi in Bologna keine finden. Wie soll es in einer Welt, in der alles nur eine Kette von Ursache und Wirkung ist, Freiheit geben können?"(140)

Door de ontdekkingsreizen van Columbus en anderen verschuift het centrum weg van de Middellandse Zee en Italië. Spanje, Portugal en Frankrijk worden machtiger. De paus - Julius II - is een zeer wereldlijk heerser en Niccolò Machiavelli (1469 – 1527) de denker die daar bij past.

(156) Diesseits und Jenseits

Over Erasmus von Rotterdam (um 1467 – 1536). Hij studeerde in Brussel, Parijs, London (vriendschap met Thomas More (1478 – 1535)), en drie jaar in Italië waaruit hij teleurgesteld vertrok, een humanistische intellectueel ten top. Hij schrijft o.a. de Lof der Zotheid.

"Doch die dringend notwendige Reform und die große Umwälzung der Kirche gelingen ihm trotz seines enormen Netzwerks von gleichgesinnten Brieffreunden in ganz Europa nicht. Sie werden einem Mann vorbehalten sein, der nicht annähernd das intellektuelle Format von Erasmus hat, dafür aber ein von keinem Zweifel getrübtes Selbst- und Sendungsbewusstsein und einen unbändigen, mitunter äußerst brutalen Willen …"(164)

En dat is Martin Luther (1483 – 1546).

"Das 16. Jahrhundert ist keine Zeit großer philosophischer Systeme. Es ist eine Zeit der Unruhe und des Unbehagens, der Nervosität und des Aufruhrs, der Suche, der Traktate und der Flugschriften. Mit der mittelalterlichen Ordnung ist etwas Althergebrachtes zu Ende gegangen. Aber es ist völlig unklar, welchen Segen das diffuse Neue den Menschen bringen wird."(165)

"Erasmus sieht Luthers überraschenden Aufstieg zur Galionsfigur der Reformation mit gemischten Gefühlen. Immer wieder nimmt er ihn gegen schnelle Verurteilungen in Schutz, doch gemein machen möchte er sich mit dem furiosen Sachsen nicht. In seinen Briefen an den Reformator lobt er dessen Leistungen, kritisiert aber zugleich dessen Fehlleistungen. Und Erasmus missfällt vieles. Ihn stört, dass Luther nach anfänglichem Zögern den Papst direkt angreift. Erasmus hält dies für eine Sache der Fürsten. Mehr noch stört ihn die von keinem Zweifel getrübte Rechthaberei Luthers. Humanisten wie Erasmus diskutieren ihre Standpunkte in Briefen, aber sie proklamieren keine Thesen wie Luther oder die Scholastiker des Mittelalters. Sie drohen auch nicht allen Andersdenkenden die Hölle und das Fegefeuer an, wie Luther es in zunehmendem Maße tut. Und Erasmus erschrickt vor Luthers rückwärtsgewandter Gnadenlehre. Wie Paulus, Augustinus und mit ihnen die Papstkirche des Mittelalters sieht Luther das menschliche Schicksal als vorherbestimmt an. Gott in seiner Gnade legt fest, welche Menschenseele nach dem Tode errettet wird und welche nicht. Wen sein Wille zum Bösen drängt, kann nichts dagegen tun, wählen kann er nur zwischen verschiedenen Möglichkeiten der Sünde. Ein radikaler Zweifel an der Willensfreiheit, aber mit einer ganz anderen Motivation formuliert als bei Pomponazzi, den Luther nicht kennt. Für Luther geht es darum, sich Gottes Ratschluss zu unterwerfen, weil alles »Rennen und Laufen« unnütz ist – denn entweder reitet uns Gott oder der Teufel. Sola gratia nennt Luther sein Prinzip: »allein durch Gnade«." [mijn nadruk] (171-172)

Meer over de Reformatie (ook wel: het protestantisme), dat vele gezichten kende en al gauw niet meer zo revolutionair was als in het begin. Burgeroorlogen en conflicten en meningesverschillen nemen toe.

"In Kürze ist die Bewegung tief gespalten. Denn fast überall, wo sich der Protestantismus durchsetzt, will er von seiner ursprünglich wichtigsten Forderung – der Trennung von Christentum und Obrigkeit – nichts mehr wissen. Ganz im Gegenteil: Je sicherer sie sich ihrer weltlichen Macht sein können, umso mehr drängt es die evangelischen Reformatoren zu einer Theokratie – einer Unterordnung alles Weltlichen unter die Kirchenherrschaft.(...) Wie immer man den Protestantismus bewertet, dort, wo er Macht erlangt, verhält er sich jedenfalls um keinen Deut humaner als die katholische Kirche."(182)

"Unter dem Beifall von Luthers Mitstreiter Melanchthon zeigt der Protestantismus, dass er bereit ist, den gleichen Weg zu gehen, den das Christentum in seiner Entwicklungsgeschichte schon so oft gegangen ist: Aus Verfolgten werden Verfolger und aus einer Idee der Toleranz ein System der Intoleranz."(183)

Er zijn ook wel critici zoals de Franse humanist Sebastian Castellio (1515 – 1563).

"Calvin tobt und nennt Castellio ein »Werkzeug des Satans«. Gemeinsam mit Théodore de Bèze agitiert er gegen den menschenfreundlichen Humanisten und zerrt ihn vor Gericht. Castellios philosophisches Buch, das er in der Zeit der Querelen schreibt, kann nicht erscheinen: De arte dubitandi (Über die Kunst zu zweifeln). Es ist ein seltenes Werk der Vernunft-Philosophie in einer religiös aufgeheizten Zeit. (...) Ein blinder Glaube hilft nicht weiter [zegt Castellio]. Stattdessen sollten wir auf die Stimme der Vernunft hören. Sie sagt uns, dass das, was wir mit Sicherheit glauben, nur eine Möglichkeit unter vielen ist. Keine Wahrheit ist absolut, und alles Wissen ist relativ."(186-187)

"Wie Castellios Fall zeigt, hatte die Philosophie mit ihren leiseren Tönen einen schweren Stand gegenüber dem religiösen Fundamentalismus des 16. Jahrhunderts. Die Reformatoren forderten Frömmigkeit und Bekenntnisse, keine Abwägungen und Reflexionen. Die Logik, in der Scholastik des Mittelalters von großer Bedeutung, war dabei völlig auf den Hund gekommen. Erasmus interessierte sich überhaupt nicht dafür. Und für Menschen wie Luther, Zwingli oder Calvin lag die Wahrheit nicht in logischen Sätzen und stimmigen Beweisführungen, sondern allein im Glauben. Tiefe Erkenntnis erlangte man nicht durch Nachdenken und Grübeln; sie war ein Gnadenakt Gottes." [mijn nadruk](188)

Over Thomas More's Utopia (1516).

"More kokettiert auf humanistische Weise mit der Tradition, wenn er von einem »besten Zustand des Staates« spricht. Eine Insel fern im Atlantik – das erinnert an Platons Erzählung von Atlantis im Timaios und die Schilderung der idealen Städte Kallipolis und Magnesia in dessen Dialogen Politeia und Nomoi.
Tatsächlich hat Utopia manches mit Kallipolis und Magnesia gemein, denn der ideale Staat ist eine kommunistisch organisierte Republik."(191)

"Republik statt Monarchie oder Aristokratie, Rationalität statt Glaube, ein säkularer Staat, Selbstbestimmung statt Erbsünde und Gottesgnadentum, Freiheit statt Vorherbestimmung, Versicherungen statt Schicksal – man meint, ein Werk des 19. oder des 20. Jahrhunderts vor sich zu haben! Wie konnte ein Zeitgenosse Machiavellis und Luthers sich so etwas erdenken?"(192)

(198) Ein neuer Himmel

Over Nikolaus Kopernikus (1473 – 1543) en zijn wiskundig onderbouwde opvatting dat de aarde om de zon draait, wat tegen het zere been is van de protestanten en wat later ook de katholieken die de bijbel letterlijk nemen.

"Die wahre Revolution des mittelalterlichen Weltbilds kam nicht durch die Reformation, sie kam auf den leisen Sohlen der Mathematik und durch diesen bescheidenen Domherrn aus dem Ermland."(200)

Vervolgens gaat het over zijn tijdgenoot Leonardo da Vinci (1452 – 1519).

"Leonardo misstraut allen überlieferten Begriffen und Erklärungen und glaubt nur, was er selbst erforscht und beobachtet hat."(207)

"Zum allgemeinen Wissen über die Renaissance gehört, den Humanismus und den Aufstieg der Naturwissenschaften als zwei Seiten einer Medaille zu feiern. Doch das Gegenteil ist der Fall. Der Siegeszug der Naturwissenschaften beginnt genau dort, wo der Humanismus schwächelt und seinen Optimismus verliert."(210)

"Zeiten der gesellschaftlichen Utopie sind meist keine guten Zeiten für naturwissenschaftlich-technische Utopien – so wie Zeiten der technischen Utopie (wie die unsere heute) keine guten Zeiten für gesellschaftliche Utopien sind." [mijn nadruk](211)

"Es ist die Geburtsstunde der italienischen Naturphilosophie – der Versuch, ein neues System zu finden, das Himmel und Erde sowie alle physischen und psychischen Phänomene in eine neue Ordnung bringt. Ihr erster bedeutender Vertreter ist Girolamo Cardano (1501 – 1576), ein weithin berühmter Arzt und Mathematiker aus Pavia. Sein Werk De rerum varietate (Von der Vielfalt der Dinge) erlebte nach seinem Erscheinen im Jahr 1557 fünf Auflagen und wurde ins Deutsche und ins Französische übersetzt."(213)

"Einen Gesinnungsgenossen findet Cardano kurze Zeit später in Bernardino Telesio (1508 – 1588) aus Kalabrien. Auch er träumt von einem neuen naturphilosophischen Gesamtsystem, das die Physik des Aristoteles ersetzen soll. Seine Schrift De rerum natura (Über die Natur der Dinge) ist ein monumentales Werk in neun Büchern."(216)

"Das naturphilosophische Werk des Süditalieners mochte ziemlich wild zusammengeschustert und bei genauerem Blick ziemlich inkonsistent sein, es sorgte gleichwohl für Furore und beeindruckte zahlreiche große Denker in ganz Europa. Für sie hat Telesio die Weisheit des Weltbaumeisters in ihre materiellen Bestandteile zerlegt. Der Skeptiker und Materialist Pierre Gassendi (1592 – 1655) studiert Telesios Bücher in Südfrankreich, René Descartes orientiert sich in den Niederlanden an seiner »Biologie«, und der Engländer Thomas Hobbes übernimmt die rein materialistische Theorie der Wahrnehmung.
Den glühendsten Verehrer aber findet Telesio in seinem kalabrischen Landsmann Tommaso Campanella (1568 – 1639)."(219)

"Die Empfindung steht auch am Anfang aller Erkenntnis und nicht ein dem Menschen eingebauter Intellekt. Damit nimmt Campanella eine Denkrichtung vorweg, die man später Sensualismus nennen wird. Erst dadurch, dass unsere Gefühle sich ihrer selbst bewusst werden, entsteht das Geistige. Und diese Selbstbewusstwerdung ist der Ausgangspunkt aller Naturerkenntnis. Auch dieser Gedanke ist wegweisend. Ähnlich wie Cusanus stellt Campanella das Selbstbewusstsein ins Zentrum seiner Philosophie und nicht eine davon unberührte Welt der Objekte."(221)

Vervolgens bespreekt Precht Giordano Bruno (1548 – 1600).

"Bruno reiht sich ein in das philosophische Rollenmodell des »Durchblickers« und »Künders«, den die Welt verkennt, weil sie zu dumm ist – ein Selbstwertgefühl, das seit den Tagen des Vorsokratikers Heraklit immer mal wieder durch die Philosophie spukt. Doch woher will Bruno wissen, dass er, ein sinnlich-perspektivisch begrenzter Mensch wie alle anderen, im Besitz dieser universellen neuen Wahrheit ist? Woher nimmt er das Selbstbewusstsein und die Arroganz, seine Zeitgenossen mit Hohn und Verachtung zu strafen?
Die Frage nach dem eigenen Standpunkt ist ein kritischer Punkt in Brunos Erkenntnistheorie. Mit Llull und Cusanus weiß er, dass alles Wissen, das wir von der Welt haben, ein Wissen in unserem Bewusstsein ist. Menschen korrespondieren nicht mit der Welt, sondern sie machen sich Vorstellungen von der Welt in ihrem Kopf. Doch wie stellen wir sicher, dass die Welt in unserem Kopf mit der Welt »an sich« übereinstimmt? Diese Frage hatte schon viele Denker beschäftigt. Sie ist eine der Kernfragen der Philosophie." [mijn nadruk](237)

"Nachzutragen bleibt, dass die Kirche ihr Urteil über Bruno nie revidierte und auch die Astronomie von einer »Weltseele« bis heute nicht viel wissen will. Stattdessen inspirierte Bruno zahlreiche Pantheisten und Panpsychisten wie Friedrich Heinrich Jacobi, Johann Wolfgang von Goethe, die Jenaer Romantiker, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, Georg Wilhelm Friedrich Hegel und den New-Age-Physiker James Lovelock."(242)

Over Michel de Montaigne (1533 – 1592).

"Montaigne hat große Zweifel an der menschlichen Erkenntnisfähigkeit."(246)

"Montaignes kopernikanische Wende ist eine kognitionspsychologische Wende – die Erkenntnis, dass alle Erkenntnis abhängig bleibt von einem zufälligen Standpunkt, räumlich begrenzt, sinnlich eingeschränkt und abhängig von Launen, Stimmungen und vorschnellen Urteilen."(252)

Over Galileo Galilei (1564 – 1641/1642).

"Denn das wahre Sein ist nur zu enträtseln, wenn wir mit dem Werkzeug der Mathematik die Ordnung des Kosmos entschlüsseln. Niemand hatte das zuvor so konsequent versucht wie Galilei. Mit ihm beginnt deshalb in gewisser Hinsicht das naturwissenschaftliche Zeitalter. An die Stelle von allgemeinen Beobachtungen und Spekulationen setzt er nach und nach das Experiment."(254)

[Ik vraag me eigenlijk al de hele tijd af of die term 'Zijn' - als in 'het ware Zijn' zoals hier - door de besproken filosofen gebruikt werd of dat het een term is van Precht.]

Zoals velen voor hem krijgt hij het aan de stok met de katholieke Inquisitie en moet zijn heliocentrische wereldbeeld herroepen. Tijdens zijn huisarrest krijgt hij onder andere bezoek van Thomas Hobbes en John Milton.

"Verträge, in der Welt der Händler von essenzieller Bedeutung, sollen nun auf alle gesellschaftlichen Beziehungen der Menschen übertragen werden – ein Konzept, mit dem wir uns später ausführlich beschäftigen werden. Die Politik und die Ökonomie lösen sich damit auch theoretisch vom Glauben ..." [mijn nadruk](265)

"Doch die Gier nach Profit ist allgegenwärtig. Sogenannte Armenhäuser zwingen die Verelendeten der Gesellschaft zur Arbeit. Großgrundbesitzer gieren allerorten nach dem Gemeineigentum, um es effizient zu bewirtschaften. Technisches Optimieren und unbedingtes Steigern der Effizienz werden zum Credo der Zeit. All das löst heftige Konflikte zwischen den Interessen der großen Optimierer und jenen der kleinen Bauern aus, deren althergebrachte Lebensform und Existenz auf dem Spiel stehen – nicht anders als überall heute in der Welt. Man denke nur an die Konzern-Giganten der grünen Gentechnik und die Existenznöte der Kleinbauern in Brasilien, Indien, Mali und vielen anderen Ländern." [mijn nadruk](266)

Francis Bacon (1561 – 1626) is degene die dit nieuwe technische denken filosofisch tot principe maakt.

"Danach verfasst er einen Dialog, in dem einige Gesprächspartner einen »heiligen Krieg« der Krone gegen »Schwärme von Menschen« rechtfertigen, etwa gegen die Ureinwohner Amerikas, gegen Besitzlose, Flüchtlinge, Landstreicher und Wiedertäufer. Obgleich das Werk unvollendet ist und mehrere Stimmen zu Wort kommen, erschrickt man noch heute über die Gefühlskälte, mit der Bacon seine Protagonisten für Völkermord und für die Vernichtung lebensunwerten Lebens streiten lässt."(267)

"Francis Bacons Rolle ist eher die eines Künders als die eines Forschers. Sein Novum Organum scientiarum (Neues Werkzeug der Erkenntnisse) formuliert 1620 das Programm eines Aufbruchs.(...)
Bacon dürfte der erste Philosoph sein, bei dem die Scientia die Sapientia vollständig ablöst.(...) Klug, weise und einsichtig sind nur die praktisch ausgerichteten Naturwissenschaften und sonst nichts."(271-272)

[Niet zo'n aardige, mijnheer, die Francis Bacon. ]

"Sein Weltbild ist linear, es entwirft eine Geschichte der Menschheit von der antiken Kindheit in eine erwachsene Zukunft. Und es ist vollständig anthropozentrisch. Himmel, Götter, Tiere und Pflanzen – bei alledem kommt es nur auf das menschliche Wohl an, oder genauer: auf das der privilegierten männlichen Engländer. Ihr Wille macht sich das Wissen über die Natur nutzbar und beutet sie nach ihrem Gutdünken aus. Was sich diesem Ziel nicht unterordnen lässt – ob Astronomie oder philosophische Spekulation –, wird als unnütz aussortiert. Gute Begriffe sind Begriffe, die leicht verständlich sind, sie sind konkret und praktisch. Statt einer passiven Vernunft, vorsichtig und achtsam, benötige der Mensch einen aktiven Geist mit dem unbedingten Willen, zu verändern und zu gestalten."[mijn nadruk](273-274)

"So betrachtet war Francis Bacon ungeheuer wirkungsmächtig, wenn auch weniger als Philosoph denn als Ideologe jener Leitidee, die sich in der abendländischen Welt bis heute immer weiter entfalten und radikalisieren sollte: der Verpflichtung auf Effizienz, aufs Kosten-Nutzen-Kalkül und den unbedingten Glauben, dass die Menschheit durch nichts so selig werde wie durch immer neue und bessere Technik. Das große Staunen jedenfalls gilt nicht mehr der Natur, so wie sie ist, sondern dem, was der Mensch aus ihr macht, indem er sie nach seinem Interesse gestaltet. Das Gleiche gilt auch für das Staatswesen."[mijn nadruk](275)

Zijn eiland in Nova Atlantis is één groot laboratorium waarin dingen onderzocht en uitgevonden worden. Maar de samenleving blijft er hetzelfde.

"Auch scheinen all die neuen Erfindungen das Leben der Menschen sozial gar nicht zu verändern. Während der eine Strang des Lebens vorwärts rast, bleibt in Staat und Gesellschaft alles beim Alten. Die sozialen Spannungen, Überforderungen, tief greifenden Umgestaltungen und notwendigen Neuverteilungen von Macht, die noch mit jedem technischen Fortschritt einhergehen, sind nicht geahnt; nicht anders als das Silicon Valley heute jede Verantwortung dafür weit von sich weist. Stattdessen wird der technische Fortschritt, ähnlich wie heute, zu einem Götzen. Alles andere, das Zusammenleben, Erziehung, Bildung und Lebensfreude, wird ihm untergeordnet, in blutarmer Zuversicht, dass der Rhythmus der Innovation jeden anderen Lebensrhythmus katalysiert. Die Zukunft ist wichtiger als jede Gegenwart, das Werden wichtiger als jedes Sein."[mijn nadruk](278-279)

(281) Philosophie des Barocks

(285) Ich denke, also bin ich

Dit deel begint met René Descartes (1596 – 1650).

"Wie kein anderer Philosoph vor ihm hat Descartes zwei Fragen in aller Gründlichkeit systematisch untersucht – zwei Fragen, die die Grundlage für das sind, was wir heute »Erkenntnistheorie« nennen."(289)

De eerste vraag is 'Hoe weet ik wat ik weet?' en de tweede is 'Hoe werkelijk is de werkelijkheid?' Het verschil met voorheen zou zijn dat die kwesties nu systematisch en methodisch doordacht werden.

[Ik vind dat een ietwat rooskleurige weergave van Descartes werk, al is Precht verderop een stuk kritischer. Maar het is zo simpel: bepaalde aannames zijn namelijk helemaal niet volledig doordacht, zoals het bestaan van god die door Descartes overal binnen gesmokkeld wordt en de garantie voor zijn zekerheid wordt. Maar zonder god is die zekerheid er dus niet. Niet zo geweldig. En in die zin past hij nog steeds in de groep van filosofen uit de Oudheid en de Middeleeuwen die er ook te pas en te onpas god bijhalen om iets te verdedigen of zo. Totaal zinloos. ]

"Spätere Kritiker haben eingewandt, dass ich, um meinen Zweifel an allen Dingen dieser Welt zu formulieren, eine hinlänglich funktionierende Sprache benötige. Die Sprache aber wird von Descartes nicht angezweifelt. Er benutzt sie, ohne jeden Zweifel daran, dass man sich durch Wörter, Sätze und Grammatik ja vielleicht auch täuschen könnte. Der US-amerikanische Philosoph Charles Sanders Peirce (1839 – 1914) wird den voraussetzungslosen Zweifel für Unfug erklären, weil er gar nicht möglich ist. Jeder, der philosophiert, habe so viele Gedanken, Ideen, Prägungen und Vorurteile im Kopf, dass er sie auch dann nicht loswerde, wenn er vorgibt, von alldem abzusehen. Ist nicht schon der Versuch, von allem absehen zu wollen, durch vorausgehende Urteile und Überlegungen motiviert? »Wir sollten nicht vorgeben in der Philosophie zu bezweifeln, was wir in unseren Herzen nicht bezweifeln.«"[mijn nadruk](312-313)

[Precies, dat vind ik ook. Je kunt jezelf niet zo maar even uit de wereld losmaken. Ik begrijp werkelijk niet waarom we nog aandacht aan Descartes schenken vandaag de dag. In een geschiedenis vasn de filosofie, dat begrijp ik, maar verder? Iemand die zo veel denkfouten maakt, niet te geloven.]

"Descartes hat der Nachwelt kein vollständiges System hinterlassen, das von der Metaphysik lückenlos in die Physik und die angewandten Naturwissenschaften übergeht. Stattdessen hat er unfreiwillig gezeigt, dass ein solches System im 17. Jahrhundert nicht mehr konstruierbar ist. Dabei hat er vier Pflöcke eingeschlagen, die von nun an überaus wirkungsmächtig ihr Terrain abstecken: 1. Das Cogito-Argument und damit den systematischen Ansatz der Philosophie beim denkenden Ich. 2. Den Grundgedanken der rationalistischen Philosophie, dass zentrale Begriffe im Bewusstsein perfekt vorstrukturiert sind. 3. Die scharfe Trennung von Körper und Geist, Subjekt und Objekt, den sogenannten Dualismus. 4. Die konsequente Anwendung der Mechanik auf die Physiologie. Vor allem der erste und der dritte Gedanke haben den Lauf der Philosophie entscheidend geprägt. Für Georg Wilhelm Friedrich Hegel steht Descartes am »eigentlichen Anfang« der Philosophie. Und für Martin Heidegger (1889 – 1976) sind das Cogito und der Dualismus von Subjekt und Objekt das »Urbild« aller philosophischen Ausweglosigkeiten der Moderne."[mijn nadruk](335-336)

[Ja, op de verkeerde manier, dat is zeker.]

(338) Der Gott der klaren Dinge

Over Baruch de Spinoza (1632 – 1677), de zoeker naar geluk en waarheid. Spinoza is het niet eens met de opvattingen van Descartes.

"Das Sein, so Spinoza, geht jedem Denken voraus und liegt ihm immer schon zugrunde.
Die neuzeitliche Subjektphilosophie mit ihrem Ausgang vom denkenden Ich erhält ein strenges Misstrauensvotum."(345)

"Was ist die Welt? Wo ist der Ort, an dem sich mein denkendes Bewusstsein in der Welt befindet? Und warum kann es überhaupt denken und erkennen? Die Antwort auf diese Frage lautet bei Spinoza kaum anders als bei den Denkern des Mittelalters: Gott! Doch jener Gott, der für Spinoza Urgrund allen Seins ist, hat nichts, aber auch gar nichts mit dem Christentum oder dem Judentum zu tun …"(346)

"Spinoza gehört zu jenen Denkern, die glauben, dass ihre Philosophie die Philosophie weitgehend beenden wird. Das teilt er mit Aristoteles, Descartes und später Kant, Hegel und Ludwig Wittgenstein. Sein System soll die tatsächlichen Zusammenhänge der Welt endgültig erhellen. Mit erstaunlicher Selbstverständlichkeit geht er davon aus, dass der Mensch Gott und die Welt adäquat erfassen kann. Denn auf dieser Voraussetzung fußt das ganze rationalistische Programm – und macht es uns heute verdächtig."(351-352)

[Precies. En ook hier weer religieuze aannames over het bestaan van god waarmee zijn hele denken staat of valt. Het valt ...]

Over Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 – 1716).

"Auch Leibniz’ Programm ist damit klar definiert: im vermeintlichen Chaos der Welt die Harmonie zu entdecken, in der Verschiedenheit der Dinge ihre Einheit aufzuspüren und im Ungeordneten und Ungereimten die Regeln und Gesetze zu entdecken, die alles wieder einen. Nun hatten dies auf ihre Weise sowohl Descartes als auch Spinoza bereits versucht. Doch Leibniz hat gute Gründe, mit seinen Vorgängern unzufrieden zu sein."(378)

"Leibniz’ System gründet sich, wie bei Descartes und Spinoza, auf eiskaltes Gedankenschach. Gott ist nicht nur unendlich gut und weise, sondern zugleich unendlich vernünftig. Folglich kann man ihm auch durch vernünftiges Denken am besten gerecht werden und nahekommen."(381)

[Ook Leibniz kan niet zonder god, blijkbaar. Weer een theoloog ... ]

Meer over Port-Royal en Blaise Pascal (1632 – 1662) die door Leibniz inspirerend gevonden werd. Ook meer over Jakob Böhme (1575 – 1624) die eveneens door Leibniz bewonderd werd.

"Die Frage nach der menschlichen Freiheit ist eine der Fragen des von Kriegen und Verunsicherungen zerfurchten 17. Jahrhunderts."(404)

(414) Gebändigte Gewalten

Dit hoofdstuk gaat over Thomas Hobbes (1588 – 1679). Hobbes is iemand die in extremo meemaakt hoe een samenleving in chaos kan vervallen.

"Hobbes erlebt an die zwanzig Kriege, darunter den Dreißigjährigen Krieg und den Englischen Bürgerkrieg. Er ist Zuschauer des gesellschaftlichen Umbruchs, der Großen Pest und des Brandes von London."(416)

"Mit zwanzig ist er Bachelor der Philosophischen Fakultät. Doch er strebt keine Karriere an der Universität an. Wie Bacon, Descartes, Spinoza oder Leibniz sucht er ein Leben jenseits der Mauern der universitären Welt – und begegnet ihr sein langes Leben über mit Skepsis."(417)

"Während er sich einerseits mit Geschichte beschäftigt, orientiert er sich in seinem Denken immer mehr am Exaktheitsanspruch der Mathematik. Auch er möchte, wie zeitgleich Descartes und später Spinoza und Leibniz, die Welt »more geometrico« erklären: klar, deutlich, lückenlos und nach unwiderlegbaren Prinzipien."(418)

Zijn werk Leviathan brengt een schok teweeg. Iedereen valt over hem heen.

"Der Leviathan – das ist für Hobbes der Staat, die uneingeschränkte Gewalt, zusammengesetzt aus dem Willen seiner Bürger ... (...) In diesem neu geordneten England, formal eine Republik, veröffentlicht Hobbes seinen Leviathan – eine Verteidigung der Monarchie!"(424)

"Sowohl im Leviathan als auch in seinem dreiteiligen Lebenswerk, den Elementa Philosophiae (Elemente der Philosophie), beginnt er seine Architektur auf der untersten Ebene. Von der Naturphilosophie über die Anthropologie will er zum einzig logischen Staatsmodell vordringen. Seine Staatsphilosophie soll dabei so rational sein, wie ein Mathematiker sie konsequenterweise entwickeln muss."(429)

"Wie Machiavelli entwirft er kein Utopia und auch kein Besserungsprogramm für die Menschheit. Er entwirft eine logische Kette von Schritten, die Menschen, so wie sie nun mal sind, im eigenen Interesse bejahen müssen."[mijn nadruk](440)

"Selbstverständlich hat Hobbes recht, wenn er die Zentralgewalt mit der Macht ausstattet, Fehlverhalten zu bestrafen. Denn »bloße Worte können keine Furcht erregen«. Aber er trennt die gesetzgebende Gewalt (Legislative) nicht von der ausführenden Gewalt (Exekutive) – eine Forderung, die zu Hobbes’ Zeiten in England heiß diskutiert und zwischenzeitlich erprobt wird. Kein Wunder, dass uns ein anderes Werk politisch viel fortschrittlicher erscheint als der Leviathan, auch wenn es heute ziemlich vergessen ist. Im Jahr 1656 veröffentlichte der englische Landadelige James Harrington (1611 – 1677) eine Schrift mit dem Titel The Commonwealth of Oceana. Mit leicht durchschaubaren Tarnnamen treten hier die politischen Akteure der Zeit auf, unter anderem auch Hobbes. Doch Harrington geht es nicht um eine Scharade, sondern um den bestmöglichen Entwurf einer Republik.
Er formuliert eine Verfassung aus dreißig Gesetzen, darunter die Idee, ein Zweikammersystem einzurichten und die Ämter der Parlamentarier turnusmäßig rotieren zu lassen. Harrington gehört zu den Ersten, die offen aussprechen, dass Macht an Besitz gebunden ist. Wer viel Land besitzt, ist mächtig, wer wenig oder nichts besitzt, ist arm. Wenn man die Macht im Staat ausgeglichen verteilen will, so muss man zugleich das Land umverteilen. Nicht in Form einer Revolution, sondern in einem schrittweisen Programm, so dass am Ende ein jeder etwa gleich viel erhält. Der Vorschlag ist kühn und modern. Und er enthält reichlich gesellschaftlichen Sprengstoff – im 17. Jahrhundert nicht weniger als heute. Doch einmal in der Welt, beschäftigt er von nun an die Gemüter. Immer wieder wird er in den nachfolgenden Jahrzehnten und Jahrhunderten diskutiert und fast nie umgesetzt – jedenfalls nicht organisch und schrittweise."[mijn nadruk](449)

"Wenn es einen Urvater moderner bürgerlicher Verfassungen gibt, dann ist es Harrington. Seine Anhänger bringen den Verfassungsentwurf tatsächlich ins Parlament ein. Aber natürlich setzt er sich nicht durch. Immerhin bezieht fast jeder Intellektuelle damals dazu Stellung – nur Hobbes übergeht die Sache mit Schweigen. Im Vergleich zu Harrington wirkt sein Leviathan plötzlich wie aus einer anderen Zeit."(452)

(457) Philosophie der Aufklärung

(460) Der Einzelne und sein Eigentum

Over John Locke (1632 – 1704).

"Locke ist fasziniert von der aufstrebenden Welt der Naturwissenschaften."(462)

Locke komt via belangrijke mensen als Anthony Ashley Cooper bij de liberale Whigs terecht (de tegenpartij van de Tories).

"Ihre Leute stellen die ersten mechanischen Webstühle auf, gründen Manufakturen und exportieren Baumwolle auf den Kontinent. Entsprechend kämpfen sie dafür, dass der Staat seinen Bürgern die größtmögliche Freiheit gibt – im Denken, Glauben, Handeln und im Handel. Sie sind es, denen die Zukunft gehört. Sie repräsentieren eine Bewegung, die man seit dem frühen 19. Jahrhundert Liberalismus nennt.(...) Sie kämpfen dafür, dem Landadel, den kleinen und den mittleren Gewerbetreibenden zu ihrem politischen und wirtschaftlichen Recht zu verhelfen. Wie kann der Staat durch seine Rechtsordnung nicht nur die Freiheit der Großen, sondern aller Besitzbürger schützen?"(464)

"Locke möchte eine Erkenntnistheorie, eine Ethik und eine Politik liefern, die frei sind von jedweder Spekulation. Grundlage aller Ansichten soll allein die Erfahrung sein. Und für das, was moralisch gut im Privatleben und im Staat ist, kennt Locke nur einen Maßstab: Gut ist das, was für den einzelnen Menschen und für das Gemeinwohl nützlich ist …"(467)

"Er will einen Staat legitimieren, der die Freiheit der Bürger zwar schützt, aber der sie nicht abgibt an einen unantastbaren Souverän."(470)

"Die Freiheit des Handels und die Freiheit des Handelns sollten sich wechselseitig bedingen – eine zentrale Formel des Liberalismus!"(472)

"Soll man einen guten Staat auf ideellen Verträgen aufbauen? Oder soll man darauf hoffen, dass möglichst viele Menschen zur Vernunft kommen, so dass sich der Rest folgerichtig ergibt? Während die Engländer einen ausgesprochenen Sinn für Verträge haben, wollen die deutschen Philosophen lieber auf die Menschen einwirken. Und Spinoza steht irgendwo dazwischen."(476)

"Der Herrscher darf nur insoweit in die Freiheit seiner Untertanen eingreifen, als ein höherer Staatszweck dies zwingend erfordert. Für die Rechtsgeschichte ist diese Neuerung ein Meilenstein, ebenso wie Pufendorfs Auslegung des Völkerrechts. Stärker noch als Grotius betont der sächsische Rechtsprofessor, dass ein Krieg nur unter einer einzigen Bedingung legitim ist: dass ein Feind die Rechte oder das Territorium eines Staates verletzt und angreift. B Locke kennt Pufendorfs Schriften. Die Acht Bücher vom Natur- und Völcker-Rechte nennt er »das beste Buch seiner Art«."(480)

"Die Propagandisten des neureichen englischen Kaufmannsstandes hingegen legen die staatsbürgerliche Gesinnung des einzelnen Händlers gar nicht mehr auf die Waage. Jeder Händler ist moralisch, gerecht und tugendhaft, schlichtweg, weil er Kaufmann ist. Aus antiken Bürgertugenden werden neuzeitliche Kaufmannstugenden. Der Händler muss sich noch nicht einmal anstrengen, ein guter Mensch zu sein. Sein Gewinnstreben ist von Natur aus gut, weil es allen anderen Engländern gleichsam automatisch Wohlstand bringt. Platon und Aristoteles hätten erbost gegen ihre Särge geklopft, angesichts einer solch dreisten Verdrehung …
Doch nicht nur die Glorifizierung der Kaufleute ist neu. Malynes, Mun und Misselden trennen auch zwischen einer Sphäre des Privaten und einer Sphäre des Politischen. In der Antike hat der Mensch immer und überall tugendhaft zu sein."(489)

"Für die Moralphilosophie ist dies eine ganz neue Perspektive! Denn nicht die Gesinnung, sondern allein die Nützlichkeit für die Allgemeinheit entscheidet über den Wert einer Tat. Wer die Gesellschaftsordnung über eine Vertragstheorie legitimiert, kann und darf nicht mehr »moralisieren«. Doch wie unterscheidet er den nützlicheren vom weniger nützlichen Menschen? Die Antwort fällt Locke nicht schwer – durch die Arbeit!"(489)

"Wer mehr und tüchtiger arbeitet, erwirbt mehr Besitz und mehr Geld und kann anschließend Handel betreiben. Leistung, so würden wir heute formulieren, lohnt sich und belohnt sich. Doch auch Locke weiß, dass es einen solchen fairen Wettbewerb um den Erwerb von Land in England schon lange nicht mehr gibt – falls es ihn jemals gegeben haben sollte. Grund und Boden sind nicht mehr zu erschließen, sondern längst äußerst ungleich verteilt. Was also sollen die Millionen von Menschen tun, die als mittellose Tagelöhner auf den Feldern oder in den Manufakturen arbeiten? Sie haben nicht die Spur einer Chance, ihre Tüchtigkeit in fairem Wettkampf zu beweisen.
Lockes Antwort ist äußerst fadenscheinig. Wie viele seiner gut betuchten Zeitgenossen bezweifelt er die Leistungsbereitschaft und das Arbeitsethos der englischen Landarbeiter – nicht anders als es heute viele weiße Farmer in ganz Afrika hinsichtlich ihrer Landarbeiter tun. Dass das Sein das Bewusstsein bestimmt, ist für ihn keine Aufforderung dazu, das Sein zu ändern. Doch Locke kennt noch eine zweite Rechtfertigung der bestehenden Besitzverhältnisse. Für ihn haben alle Menschen einmal zugestimmt, dass das Geld eingeführt wird. Und somit haben sie sich auch mit den Spielregeln der Ungleichheit einverstanden erklärt."(493)

"Lockes Philosophie hat ein doppeltes Gesicht. Auf der einen Seite verteidigt er die natürliche Gleichheit und Freiheit aller Menschen. Und auf der anderen Seite rechtfertigt er die Ungleichheit (und Unfreiheit) der Menschen in einer durch Geld beherrschten Gesellschaft. Denn für Locke ist die ungleiche Geld- und Verwertungsgesellschaft allemal besser als der gleichberechtigte Naturzustand."(495)

"In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts hat sich die Moral weitgehend von der Idee eines sittlichen Lebens entfernt. Statt einer Tugendethik regiert eine Kaufmannsethik, die unterstellt, dass das, was den Reichen nützt, am Ende allen zugutekommt. Sein Geld zu vermehren – in der Antike und im Mittelalter stets kritisch betrachtet – wird nun selbst zu einer Tugend. Doch die neue ökonomische Nützlichkeitsethik zahlt einen hohen Preis. Im Kern entpuppt sie sich schnell als Doppelmoral. Denn was das Wohl der freien und gleichen Menschen anbelangt, so interessiert sich Locke nur für das Besitzbürgertum und hier allein für das englische. Seine zahlreichen Überlegungen zur Wirtschaft, zum Geld, zum Handel und zur Besteuerung drehen sich, nicht anders als die der englischen Ökonomen, allein um das eigene Land."(499)

"Noch deutlicher tritt diese Doppelmoral bei einer anderen Frage zutage. Wenn alle Menschen gleich und frei sind, warum dann nicht die Frauen? Warum dürfen sie selbst bei Locke, der ihnen vergleichsweise wohlwollend gesonnen ist, nicht wählen? Offensichtlich sind für ihn Mann und Frau in der Praxis nicht ganz so gleich wie in der Theorie.(...) Und wo die Logik des Kapitals herrscht, fallen die Werte auch gerne mal unter den Tisch. Zumindest schreckt der Philosoph der Freiheit nicht davor zurück, in ein Geschäft zu investieren, das traumhafte Renditen verspricht – in den Sklavenhandel!"(501)

"Dem Liberalen Locke, der allen Menschen naturrechtlich Gleichheit, Freiheit und Eigentum zuspricht, steht der Kapitalist Locke gegenüber, der überall, wo es um England und um Geschäftsinteressen geht, Ausflüchte findet."(507)

"Hat kein Staat nach Locke die Befugnis, seinen freien Bürgern vorzuschreiben, was sie zu glauben haben, so hat er doch offensichtlich die Befugnis festzulegen, dass sie etwas zu glauben haben."(518)

(523) Das unbeschriebene Blatt

"Schon in den 1660er Jahren hatte Locke sich für die grundlegenden Fragen menschlicher Erkenntnis interessiert. Doch was manchem heute wie ein spezielles akademisches Vergnügen erscheint, ist kein L’art pour l’art. Lockes Theorie der Erkenntnis hat ein politisches Motiv. Er will viele religiöse und metaphysische Annahmen, auf denen die Urteile und Vorurteile, die Moral und die Gesellschaft beruhen, zu den Akten legen – nicht wert, dass man sich weiterhin damit beschäftigt.(...) Wie in seiner Staatstheorie, so möchte Locke auch in der Erkenntnistheorie gründlich abspecken. Was lockt, ist ein System der Welt, das nur auf der tatsächlichen Erfahrung, der Empirie, gründet, weswegen man es empiristisch nennt. Nur das Gesicherte und das Notwendige sollen stehen bleiben. Und alles Spekulative will Locke loswerden."(525)

"Wie Hobbes behauptet er, dass alles Wissen allein aus der Erfahrung stammt. Schon früh spricht er von den »leeren Tafeln« des Geistes, in denen nichts eingeritzt ist."(529)

"Die Wahrheit liegt also in der Mitte, und Lockes Empirismus ist eine einseitige Übertreibung. Unser Gehirn ist kein unbeschriebenes Blatt."(532)

"Mit Locke gefragt: Sind unsere Vorstellungen identisch mit den Dingen, wie sie »an sich« (as it is in itself) sind? Sind unsere ideas ein getreues Abbild der Realität, der originals, wie Locke sagt? Oder sind ideas nur etwas Gedachtes oder Vorgestelltes? Bilder, bei denen wir nicht mit Sicherheit sagen können, ob sie einer objektiven Realität entsprechen? Diese Unterscheidung ist eine der wichtigsten Unterscheidungen in der Geschichte der Philosophie."(534)

"Auch Gott soll sich für Locke sicher demonstrieren lassen.(...) Doch nicht die Frömmigkeit bringt ihn dazu, Gott zu demonstrieren. Er braucht ihn für sein puritanisches Verständnis von Fleiß, Arbeit und Strebsamkeit. Ohne Gott keine gerechte Ordnung in der Welt und keine Garantie dafür, dass derjenige richtig lebt, der in Gottes Sinne seinen Wohlstand mehrt."(536)

[Zoals altijd weer stiekeme uitgangspunten. Hoezo 'een blanco blad'? Werken met aannames die je vervolgens 'met zekerheid aantoont' ... ]

"Wenn Locke meint, dass der Verstand von Neugeborenen leer sei, so argumentiert er zeitlich. Erst ist nichts da, und später kommt einzig durch Erfahrung dies und jenes dazu. Nicht anders betrachten heute Naturwissenschaftler wie evolutionäre Psychologen und Entwicklungspsychologen den Menschen. Leibniz dagegen bevorzugt eine ganz andere Art der Argumentation. Er betrachtet den Verstand wie ein Mathematiker. Für die Mathematik spielen zeitliche Entwicklungsvorgänge keine Rolle. Der Satz »Zwei plus zwei ergibt vier« ist kein zeitlicher Vorgang, sondern ein logischer. Er entwickelt sich nicht nach und nach, sondern er gilt außerhalb jeder Erfahrung und jeder Vorstellung von Zeit."(553)

Over George Berkeley (1685 – 1753).

"Die Schwierigkeit mit Berkeleys Sicht ist, dass sie unserem Alltagsverstand widerspricht. Genau das allerdings teilt sie mit der modernen Physik. Von der Tatsache, dass sich die Erde um die Sonne dreht, bis zur Quantenmechanik können wir ihr intuitiv nicht beikommen. In solcher Lage gibt es noch eine andere Möglichkeit, mit Berkeley umzugehen. Man kann seine These schlichtweg irrelevant für unser normales Leben finden (ebenso wie auch die Quantenphysik)."[mijn nadruk](567)

"Ich gab gerne zu, dass sie im Alltag völlig belanglos ist. Denn zumindest erscheinen uns die meisten Dinge, als ob sie objektiv und »an sich« wären, und das ist nicht wenig und reicht völlig aus. Etwas anders dagegen verhält sich die Sache, wenn wir Erkenntnistheorie betreiben oder über die Reichweite und Geltung wissenschaftlicher Forschung nachdenken. Davon wird noch reichhaltig die Rede sein."(569)

"Mit seiner philosophischen Wende – der Verabschiedung der Außenwelt als »an sich« unerkennbar – wird Berkeley zum Wegbereiter einer neuen Philosophie. Schon Descartes hat gesagt, dass das »Ich denke« der Ausgangspunkt aller Philosophie sein müsse, und nicht die Welt. Aber Berkeley ist einen großen Schritt weitergegangen und hat alle Fragen der Erkenntnis zu Fragen gemacht, die sich an das eigene Bewusstsein richten: »Erkenne dich selbst!« – der alte Spruch des Orakels von Delphi bekommt nun eine ganz neue philosophische Bedeutung."(571)

Verder met David Hume (1711 – 1776).

"Der Erfolg kam spät und dann mit dem falschen Buch. David Hume (1711 – 1776) gilt heute als der bedeutendste britische Philosoph des 18. Jahrhunderts. Aber seinen Zeitgenossen war er vor allem der Autor der History of England (Geschichte von England) – eines internationalen Bestsellers in vielen Bänden."(573)

"Und hier schreibt er 1737/1738 sein erstes Werk: A Treatise of Human Nature (Ein Traktat über die menschliche Natur). Das Buch – das vielleicht bedeutendste Werk der angelsächsischen Philosophie – ist ein publizistisches Desaster. Erst verkauft sich kaum ein Exemplar, dann vergreift sich auch noch William Warburton (1698 – 1779) daran, der gefürchtetste Kritiker Englands. Der zerpflückt den Treatise auf der ganzen Linie und verunglimpft den Autor nach allen Regeln böser Kunst. Fast achtzig Jahre lang wird sich das Buch nicht davon erholen."(579)

"Humes Philosophie gründet nicht in metaphysischen Annahmen über die Natur des Menschen wie bei Leibniz und zum Teil noch bei Locke und Berkeley. Bei Locke gibt Gott immerhin die Spielregeln vor, nach denen der Mensch sich entfalten und seinen Wohlstand mehren soll. Und bei Berkeley hat er den Ordnungsrahmen der Welt gesetzt, jenen Kosmos des Ideellen, in dem der Mensch existiert. Bei Hume aber diktiert niemand mehr die Regeln des menschlichen Seins, kein Gott, kein Kaiser noch Tribun. Allein die Natur lässt den Menschen Mensch sein."(577)

"Die Vernunft führt gar nicht zu endgültigen Lösungen oder definitiv richtigen Entscheidungen."(579)

"Und wenn alle normalen Menschen davon ausgehen, dass es die Außenwelt tatsächlich gibt, sollten die Philosophen sie, nach Hume, auch nicht wegdiskutieren."[mijn nadruk](580)

[Ik ben het helemaal met hem eens. :-) ]

"Humes Position ist eine ganz neue Form von Wahrheitstheorie. Nicht Gott oder die Logik stellt sicher, dass etwas wahr oder sinnvoll ist. Sondern das Sinnkriterium ist einzig und allein: Lässt sich diese oder jene Vorstellung auf einen Eindruck zurückführen? Das Gleiche gilt für Hume auch auf der Ebene der Sprache. Begriffe sind dann sinnvoll, wenn sie sich auf einen bestimmten Eindruck beziehen. Noch nie zuvor hatte ein Denker des Abendlands ein solch subjektives Sinnkriterium formuliert!"(584)

"Die Antwort auf die Frage lautet also: Ja, es gibt Wahrheiten a priori – aber es gibt sie ausschließlich dort, wo unser Verstand mit sich allein ist. Überall dort aber, wo Menschen auf Reize der Außenwelt angewiesen sind, wo sie Eindrücke und Vorstellungen aus dem Leben gewinnen, gibt es sie nicht! Hier gibt es nirgendwo einen festen Boden unter den Füßen."(588)

"Was lernen wir daraus? Ganz einfach: Urteile entstehen dadurch, dass wir etwas zueinander in Beziehung setzen. In der Mathematik formulieren wir Axiome und beziehen Sätze aufeinander und kommen so, mit Leibniz formuliert, zu Vernunftwahrheiten. Alle anderen Urteile dagegen entstammen aus Beobachtungen und sind Tatsachenwahrheiten. Vernunftwahrheiten gelten a priori, Tatsachenwahrheiten dagegen nicht. Denn wenn Menschen die Natur beobachten, so sind es immer Menschen, die die Natur beobachten. Und alle Beobachtungen sind dadurch gefärbt und strukturiert, wie unser menschliches Bewusstsein arbeitet."(589)

"Wenn all mein Fühlen und Denken der Abfolge von Ursache und Wirkung unterliegt, wo soll da Platz sein für einen »freien Willen« …?"(597)

(598) Das Wohl aller

"Um Humes Gedanken über Moral zu verstehen, muss man zunächst wissen, wie er die Frage beantwortet: Haben wir einen freien Willen? Die Antwort lautet nämlich: Nein! Und das ist gut so! Für viele Menschen ist diese Antwort einigermaßen verblüffend."(603)

"Das Verblüffende ist, dass Hume den unfreien Willen ausdrücklich lobt! Denn gerade das macht uns ja berechenbar. Wir würden verrückt, wenn wir unsere Handlungen und jene der anderen nicht auf Ursachen zurückführen könnten, weil jeder einen völlig freien Willen hätte. Die Gedanken und Taten der Menschen würden nur so herumhüpfen."(610)

"Wenn es um Fragen des Sollens geht, helfen Tatsachen logisch nicht weiter. Tatsachen festzustellen und ethische Handlungen einzufordern sind zwei völlig getrennte Welten."(612)

"Die scharfe Trennung von Tatsachen (Ist-Sätzen) und Normen (Soll-Sätzen) nennt man Humes Gesetz. Eine gewichtige Feststellung – auch wenn Sprachphilosophen das Gesetz in den letzten Jahrzehnten angezweifelt haben und manche Disziplinen wie die Evolutionäre Psychologie sich nicht so recht daran halten. In jedem Fall hält sich Hume an seine eigene Regel. Er untersucht das menschliche Sozialverhalten nur als Tatsache, und er versucht nicht Normen daraus abzuleiten."(614)

In dat opzicht wordt hij gesteund door een andere Schoitse filosoof: Francis Hutcheson (1694 – 1746).

"Als Hume seinen Treatise veröffentlicht, gehört Hutcheson zu den ganz wenigen, die das Buch schätzen. Denn auch der Glasgower Philosophieprofessor gründet seine Ethik nicht in göttlichen Prinzipien oder universalen Gesetzen. Wie Hume will er alle Moral im Menschen verankern statt im Himmel. Und Träger der Moral sind keine Vernunftwahrheiten, sondern Empfindungen. Hutcheson macht allerdings keinen Hehl daraus, dass Hume ihm dabei etwas zu weit über das Ziel hinausschießt. Als dieser ihm im Winter 1742/1743 ein kleineres Werk zur Moral schickt, wird der Unterschied offenbar. Hutcheson glaubt, dass jeder Mensch einen gleichsam angeborenen Sinn für Gerechtigkeit hat. Wie die Pflanze aus der Knolle, so wächst dieser Gerechtigkeitssinn unter günstigen Umweltbedingungen organisch aus dem Gefühl des Wohlwollens hervor. Denn ein reifes und erweitertes Wohlwollen führt zum Sinn für Gerechtigkeit und damit zum »Gemeinsinn« – jenem Begriff, den seit Hobbes jeder Philosoph in den Mittelpunkt stellt, der seine Auffassungen von Moral und Politik ohne Gott begründet."(616)

"Hume dagegen sieht die Sache anders. Für ihn folgt die Gerechtigkeit bei Weitem nicht so organisch aus dem Wohlwollen wie bei Hutcheson. Denn Wohlwollen ist eine höchst subjektive Sache. Wen wir lieben und schätzen, der erhält mehr davon. Wen wir nicht mögen oder den wir gar nicht kennen, der erhält wenig oder gar nichts. Wohlwollen und Gerechtigkeit stehen also nicht in einer direkten Verbindung. Sie können einander sogar heftig widersprechen.
Humes Kritik trifft Hutcheson ins Mark. Das ganze Programm des Moralprofessors besteht darin, Werte wie Schönheit, Ehre und Moral statt durch Gottes Güte durch »innere Sinne« im Menschen zu erklären. Für ihn ist der Mensch nicht Wolf unter Wölfen wie bei dem ihm verhassten Hobbes, sondern ein höchst soziales Tier mit einer entsprechenden inneren Ausstattung. Und wenn es gelingt, den Pfad nachzuzeichnen, der vom Mitgefühl über das Wohlwollen zum Wunsch nach Gerechtigkeit führt, dann ist der Königsweg gefunden. Dann kann man alles ohne Gott begründen: eine öffentliche Moral und einen Staat, die nichts anderes sind als die gemeinschaftliche Umsetzung eines angeborenen Programms! Moralisch ist, was Mitgefühl und Wohlwollen so weit wie möglich ausdehnt. Und ein guter Staat ist der, der die »größte Beglückung für die größte Anzahl« von Menschen ermöglicht. Genau diese Formel wird später als Utilitarismus in die Geschichte eingehen und das politische Denken in den angelsächsischen Ländern bis heute prägen."[mijn nadruk](618-619)

"Mit dem Utilitarismus hat Hume nicht das geringste Problem. Auch er gehört zu seinen frühen Begründern. Aber er sieht den Pfad nicht, der vom Mitgefühl über das Wohlwollen zu Gerechtigkeit und zur Gemeinwohlorientierung führen soll. Für ihn ist die Gerechtigkeit keine angeborene Tugend, sondern eine »künstliche Tugend«. Mit dem Mitgefühl und Wohlwollen hat sie nur mittelbar zu tun. Zwar ist Mitgefühl eine wichtige Voraussetzung. Aber nicht jedes Mitgefühl führt zur Gerechtigkeit, manchmal führt es sogar dazu, dass wir ungerecht sind."(620)

"Genau das aber ist für das 18. Jahrhundert ein großes Problem. Nicht nur Hutcheson, sondern auch seine Kollegen und Nachfolger wie Adam Smith, Thomas Reid und James Beattie behaupten ein festgelegtes Programm der Moralentwicklung. Für sie ist der Moralsinn (moral sense) ein Teil unseres »gesunden Menschenverstandes« (common sense) und damit so etwas wie eine anthropologische Werkseinstellung. Seit Hobbes und Locke vom common sense gesprochen hatten, ist er aus der englischen Philosophie nicht mehr wegzudenken. Und der Moralsinn soll jenes große Loch füllen, das der Verlust des Glaubens an die gute göttliche Weltordnung hinterlassen hat. Der Mensch wird somit zur einzigen Quelle des Guten – aber was ist, wenn sie nicht von Natur aus den vorgezeichneten Weg entlangsprudelt?"[mijn nadruk](623)

"In dieser Hinsicht, meint Hume, sind sich alle Menschen und alle Kulturen ziemlich gleich. Überall gibt es ähnliche Tugenden, und kein Land lobt die Niedertracht, den Verrat, die Hartherzigkeit oder den Hass. Denn alle normalen Menschen mit gesundem Menschenverstand gehen den gleichen Weg von der Selbstliebe über die Eigenschaften, die ihr zuträglich sind, bis zu den Tugenden und dem Gemeinsinn. Hume verpackt diese Einsicht in ein schönes Bild: »Der Rhein fließt nach Norden, die Rhone nach Süden; und doch entspringen beide aus demselben Berg und werden auch … von demselben Prinzip der Schwerkraft in Bewegung gesetzt. Die verschiedenen Neigungen des Bodens, auf dem sie fließen, verursachen den ganzen Unterschied des Laufes.«"(626)

"Moral ist nicht Natur, sondern Konvention, angeboren ist nur die Selbstliebe. Aus diesem Grund müssen wir unseren Moralsinn auch ständig kultivieren. Wir müssen uns bemühen, gute und anständige Menschen zu sein. Und wir müssen moralische Probleme sorgfältig durchdenken lernen, damit unser Moralsinn auf guter Grundlage seine Gefühlsentscheidungen treffen kann."(627)

Over Thomas Reid (1710-1796)

[Reid heeft niet veel op met Humes scepticisme en komt weer met god op de proppen, helaas.]

"Humes Erfolg als Moralphilosoph hält sich in Grenzen. Viel wirkungsmächtiger ist Thomas Reid (1710 – 1796) – der berühmteste britische Philosoph seiner Zeit. Reids Ansichten sind im Vergleich mit Hume schlicht, und genau das macht sie populär. Der Kontrahent meint, dass es in der Philosophie wie im Leben das Beste sei, immer dem gesunden Menschenverstand zu folgen. Er ist der Großphilosoph des überall beliebten common sense. Wenn unser Menschenverstand uns sagt, dass es eine Außenwelt jenseits unserer Erfahrung gibt, dann sollten wir das auch so sehen."[mijn nadruk](629)

Over Humes vriend Adam Smith (1723 – 1790).

"Auch in Glasgow zeigt sich Smith ausgesprochen vielseitig und verbindet vor allem Philosophie und Ökonomie miteinander. Sein Lebensprojekt ist eine Geschichte der Zivilisation: von den Gefühlen des Einzelnen über Moral, Recht und Politik bis zur richtigen Form des Wirtschaftens. Und der Begriff, der alles überspannt, ist das »Gemeinwohl«, das bereits Harrington, Hutcheson und Hume so wichtig gewesen ist."(635)

"Smith aber interessiert sich sehr für die vielen verschiedenen Lebenssituationen und für den inneren Kompass, der uns bei unseren Entscheidungen leitet. In diesem Zusammenhang führt er einen schönen neuen Begriff ein, der bis heute mit ihm verbunden ist: den »unparteiischen Beobachter« (impartial spectator). Die Grundidee dafür stammt bereits von Hume, wenn er meint, dass wir unsere Moralität immer nur aus der Außenperspektive wahrnehmen können. Niemand ist so gut oder schlecht, wie er sich fühlt."(638)

"Die gesellschaftliche Konvention ist stets bei uns, lange bevor wir etwas sagen oder handeln. Der unparteiische Beobachter zensiert und korrigiert unsere Neigungen und prüft, ob das, was wir denken, anständig und recht ist. Und selbst wenn er nicht verhindern kann, dass wir uns manchmal falsch verhalten, so schafft er doch Raum für einen gemeinsamen moralischen Standpunkt in der Gesellschaft. Dieser Standpunkt ist die in unserem Geist vorexerzierte Regel: Handele stets so, wie du selbst behandelt werden möchtest!
Smiths Begründung der »Goldenen Regel« ist originell. Sie verweist nicht mehr auf die Spielregeln Gottes, sondern auf eine psychologische Beobachtung."(641)

"Wie müssen die politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen aussehen, damit unsere hehren ethischen Gefühle angemessen zum Tragen kommen?"(642)

"In einem Punkt waren sich die meisten britischen Philosophen des 18. Jahrhunderts einig: Moralphilosophie ist zugleich Gesellschaftslehre! Diese Sichtweise ist bemerkenswert, denn heutige liberal-kapitalistische Gesellschaften sehen das nicht so. Wir vertrauen nicht der Moral, sondern Gesetzen, Verfahren und Institutionen (weswegen Philosophen bei uns auch kaum noch eine Bedeutung haben). Umso interessanter ist der Blick auf den damals weit verbreiteten Gedankengang: Wenn Menschen ihrem wohlverstandenen Eigeninteresse folgen, dann entwickeln sie von sich aus Tugenden im Einklang mit der Gesellschaft. Und diese Tugenden wiederum bilden die Grundlage eines guten Staates und einer blühenden Wirtschaft."[mijn nadruk](643)

"Je freier ich mich selbst beherrschen kann und je selbstbestimmter und unabhängiger ich wirtschafte, umso mehr Raum bietet sich der Tugend. Dass Smith damit 80 Prozent der britischen Bevölkerung die Rahmenbedingungen zur Entfaltung ihrer Tugend abspricht, scheint ihm nicht aufzufallen. Wenn er von »Menschen« redet, so meint er jene Menschen, die in der Lage sind, seine Bücher zu lesen. Denn um mich tugendhaft zu vervollkommnen, muss ich wirtschaftlich »frei« sein. Und um mich wirtschaftlich zu vervollkommnen, muss ich tugendhaft sein."(652)

"Für Smith wie schon für Locke und viele seiner Zeitgenossen ist der Mensch von Natur aus ein Händler – ein Homo mercatorius, von dem John Wheeler schon 1601 gesprochen hat. Und die ganze Gesellschaft ist eine Vereinigung von Handeltreibenden, eine commercial society, wie Smith sie in seinem neuen Buch nennt.(...)
Wie Locke ist auch Smith ein Anwalt des unantastbaren Rechts auf Eigentum. Dass jeder ein gleiches Recht auf gleich großen Grundbesitz haben soll, wie Thomas Spence und der schottische Universalgelehrte William Ogilvie (1736 – 1819) fordern, ist Smith fremd."(656-657)

"Smiths Begründung des Eigentums gehört zum schwächsten Teil seiner Philosophie"(658)

"Smith verschwendet keinen guten Gedanken an Arbeitervertretungen, Gewerkschaften und Mitbestimmung. So wird es erst die später entstehende Arbeiterbewegung sein, die der fatalen Entwicklung der Massenverelendung Kontra gibt. Smith kennt kein solches Korrektiv. Arbeiterversammlungen steht er kritisch gegenüber. Für ihn ist es allein der Markt, der alles zum Guten regelt, auch Arbeit und Lohn. Keine Formulierung Smiths wird dabei so oft zitiert wie die »unsichtbare Hand« (invisible hand) des Marktes."(666)

"Was von Smith bleibt, ist der bis dahin monumentalste Versuch, »Sympathie«, Selbstinteresse und das Allgemeinwohl in einem großen System zu verklammern. Und genau von hier aus wird die neuzeitliche, ziemlich britische Tradition ihren Siegeszug um den Globus antreten: Individuum und Gesellschaft vor allem aus der Perspektive der Ökonomie zu begreifen!"[mijn nadruk](673)

[Dat gebeurde dus al eerder, een noodlottige stap, maar ja, Smith heeft als het ware de puntjes op de i gezet. Ik denk dat die manier van denken - economisme - mensen enorm reduceert tot een bepaald soort wezen met een bepaald soort gedrag. Ik vind het bijzonder eenzijdig en erg ideologisch bepaald door religie en rijke bovenlaag van de samenleving.]

(675) Einstürzende Altbauten

Over de 'philosophes' in Frankrijk, om te beginnen over François-Marie Arouet (1694 – 1778) (Voltaire).

"Leibniz’ Optimismus, dass die Welt die beste aller möglichen Welten sei, wird von Voltaire im Angesicht der Katastrophe [de grote aardbeving van 1755, die met name Portugal trof - GdG] eines Besseren belehrt: Diese Welt ist nicht die beste aller möglichen Welten! Im gleichen Atemzug trifft Voltaires Kritik auch den von ihm vormals bewunderten Engländer Alexander Pope (1688 – 1744). Hatte der nicht in seinem Essay on Man (1733) ähnlich wie Leibniz die Weltharmonie beschworen und alles für gut befunden?"(682)

Na de invloed van het rationalisme, die samengevat werd in de filosofie van Christian Wolff (1679 – 1754), volgt de invloed van het empirisme.

"... spätestens seit Lissabon ist der Weg auch auf dem Kontinent frei für den Siegeszug der englischen Philosophie und Naturwissenschaft. Und wo vorher »vernünftige Gedanken« ein rationales Weltsystem freilegten, betrachtet man die Welt mehr und mehr empirisch wie Locke und Hume. Alles, was wir über sie sagen können, kann nun vom Menschen ausgehen und nicht mehr von einer höheren Instanz. Damit ist dem skeptischen Denken ebenso viel Raum gegeben wie dem materialistischen. Nicht die göttliche Vernunft, sondern das Individuum wird zum Maß aller Dinge – so wie einst bei Protagoras. Und wie im antiken Athen stellt sich die Frage, wie die Menschen ihre Gesellschaft und ihren Staat selbst einrichten sollen, wenn kein Gott die Spielregeln vorgibt und kein Fürst die Berechtigung dazu hat."[mijn nadruk](685)

Voltaire ziet zichzelf als Verlichtingsdenker, maar breekt niet helemaal met het geloof.

"Hatte Locke nicht geschrieben, dass der Atheismus die Tugend verderbe? Nichts anderes behauptet auch Voltaire. Wenn Gott nicht existierte, wäre es deshalb notwendig, ihn zu erfinden – lautet eines seiner zahlreichen Bonmots. Und mit Newton vergleicht er die Welt mit einer Uhr, einem mechanischen Wunderwerk, hinter dem ein intelligenter Uhrmacher steckt."(686)

Over Pierre Louis Moreau de Maupertuis (1698 – 1759).

"In dem empfindlichen Maupertuis hat Voltaire seinen stärksten Konterpart."(693)

[Boeiend dat pre-genetische denken van Maupertuis.]

Verder over Julien Offray de La Mettrie (1709 – 1751).

"Mit Lust und Spott weist der philosophierende Arzt die Philosophen darauf hin, dass sie Physiologen und Anatomen werden müssten, wenn sie die menschliche Seele verstehen wollen. (...) Da er damit Gott zu einer überflüssigen Hypothese erklärt und überdies die Ärzte seiner Zeit lächerlich macht, muss er Frankreich 1747 schleunigst verlassen. Sein Buch über die Seele wird ebenso öffentlich verbrannt wie seine Kritik an den Ärzten."(702-703)

"Damit wird La Mettrie gleich in doppelter Weise zum Anarchisten: Er sieht die Maschine Mensch als ein reines Naturwesen, das keiner gesellschaftlichen Ordnung und keinem Glauben zu gehorchen hat. Und er schenkt ihr die Freiheit, das zu tun und zu lassen, was sie will. Haben Menschen bei dem, was sie tun, Gewissensbisse, so nur, weil gesellschaftliche Vorurteile sie ihnen aufzwängen. Die Natur des Menschen hingegen kenne keine Schuld, sie sei ausschließlich natürlich und eben nicht moralisch."(709)

"Doch nur ein einziger französischer Philosoph dieser Zeit wird ein systematisches Werk schreiben, das die Erkenntnistheorie entscheidend über Locke hinausbringt."(714)

En dat is Étienne Bonnot de Condillac (1714 – 1780), bevriend met Diderot en Rousseau.

"Und gegen Berkeleys Skepsis gegenüber der Außenwelt führt er ins Feld, dass es keine sicherere Gewissheit geben kann, als dass das, was ich ertaste, existiert.
Wie eine Zwiebel schichtet sich die menschliche Sinneswelt. Und je weiter man nach außen kommt, umso geringer wird das intuitive Wissen und umso wichtiger wird die Sprache als zusätzlicher Erkenntnissinn. Der Verstand, schreibt Condillac, sieht mehr als das Auge. Mit dieser Theorie macht er einen großen Schritt über Locke hinaus und markiert ein Terrain, das die heutige Kognitionspsychologie nicht sorgfältiger hätte abstecken können. Das vielfach untrennbare Zusammenspiel von Sinnen und Sprache sehen gegenwärtige Kognitionswissenschaftler kaum anders als Condillac. Die ursprünglichste aller »Ich-Gewissheiten« ist das »Körper-Ich« und nicht etwa das reflektierte Wissen um mich selbst. Entwicklungspsychologen und Neurowissenschaftler des 21. Jahrhunderts bestätigen darin gerne ihren Vorgänger aus dem 18. Jahrhundert."[mijn nadruk](719)

Over Denis Diderot (1713 – 1784):

"Tiefgründiger und redlicher als Voltaire, intelligenter und sozialer als Rousseau, ist er das wahre Kraftzentrum; ein Mann, der nahezu das gesamte Wissen seiner Zeit reflektiert und anzieht wie der Magnet die Eisenspäne."(723)

"In den Straßen und Cafés trifft er auf Gleichgesinnte, junge Männer wie Condillac, Rousseau, den sächsischen Baron Friedrich Melchior Grimm (1723 – 1807) und den Pariser Mathematiker Jean-Baptiste le Rond d’Alembert (1717 – 1789).
Als Diderot 1743 die mittellose Näherin Anne-Antoinette Champion (1710 – 1796) heiraten will, sperrt ihn sein erboster Vater in ein Karmeliterkloster bei Troyes. Diderot leidet wie ein Hund, flieht und heiratet seine Liebe auch ohne väterliche Einwilligung. Ein Leben lang verheiratet, pflegt Diderot gleichwohl intime Beziehungen mit langjährigen Freundinnen. Äußerst gesellig, wortgewandt und geltungsbewusst, wird er der intellektuelle Mittelpunkt des berühmten Salons von d’Holbach. Inzwischen tritt er mit eigenen Essays hervor, vor allem mit kritischen Werken gegen Theologie und Kirche."(725)

[Ha, eindelijk eens iemand die niet zo braaf is ... Met Maupertuis, Diderot en andere Verlichtingsdenkers beginnen de worstelingen met de evolutiethema's en dus ook met de dominante religieuze opvattingen van die tijd.]

Verder over Claude Adrien Schweitzer (1715 – 1771) (Helvétius).

"Die Gefahr, dass ihm etwas passieren könnte, muss Helvétius sehr gering eingeschätzt haben. Nicht anders lässt sich erklären, dass er De l’esprit so schreibt, wie er es schreibt: ein Grundsatzwerk der materialistischen Philosophie, voller Anklagen gegen Theologie und Religion, und ein Manifest der sexuellen Freiheit."[mijn nadruk](736)

"Und welche Machtinstanz bestimmt eigentlich, was für die Gesellschaft »nützlich« sein soll? Doch die Vertreter des Ancien Régime stören sich nicht daran. Vielmehr ärgert sie, dass Helvétius von Natur aus keine moralisch guten oder schlechten Handlungen kennt. Erlaubt ist, was gefällt, solange es der Allgemeinheit keinen konkreten Schaden zufügt. Damit ist die Befriedigung privater Lustempfindungen aller Art völlig legitim, solange sich alle Betroffenen darüber einig sind. Auch dass alle Menschen gleich und gleich begabt sein sollen, lasen die Männer der Kirche und des Königs nicht gerne. Vor allem aber reizen sie die vielen abfälligen Ausfälle gegen das Christentum, von denen die Schrift nur so wimmelt."[mijn nadruk](741)

Over Paul Henri Thiry Baron d’Holbach (1723 – 1789):

"D’Holbach ist sechsundvierzig Jahre alt, als er sein philosophisches Hauptwerk über die Natur veröffentlicht. Wie Helvétius zwölf Jahre zuvor zeichnet er ein philosophisches System, das von der Physik nahtlos in die Gesellschaftsphysik übergehen soll. Beide Werke gleichen sich derart, dass es verwundert, wie d’Holbach nach so langer Zeit ein so ähnliches Buch schreibt wie sein Freund. Die Zutaten sind die altbekannten: Newtons Physik, La Mettries mechanischer Materialismus, Condillacs Sensualismus und eine Moral des Allgemeinwohls, die sich allein an ihrem Nutzen orientiert. Dazu hat sich d’Holbach intensiv mit Spinoza beschäftigt."(744)

(749) Die öffentliche Vernunft

Over de Encyclopédie van Diderot en vele anderen.

"Im Jahr 1780 ist das Projekt abgeschlossen und die Reihe angewachsen auf fünfunddreißig Bände. Von allen Werken der Aufklärung hat sie wahrscheinlich am meisten geleistet und bewirkt. Ganz im Sinne Diderots, der über die Enzyklopädie unter dem gleichnamigen Stichwort schreibt, das Ziel sei, dass »unsere Enkel nicht nur gebildeter, sondern zugleich tugendhafter und glücklicher werden, und damit wir nicht sterben, ohne uns um die Menschheit verdient gemacht zu haben«."[mijn nadruk](753)

Hume komt zelfs op bezoek in de salons in Parijs. Maar het klikt toch niet helemaal.

"Der Atheismus ist ein vorzüglicher Religionsersatz; denn nichts hält die Clique um Diderot und d’Holbach so sehr zusammen wie ihre glühende Feindschaft gegenüber der Kirche. Dem bedächtigen Hume dagegen geht der furiose Atheismus seines Gastgebers bald auf die Nerven. Weder schmeckt ihm die Selbstgerechtigkeit der gut eingespielten Religionswitze, noch glaubt er in gleichem Maße wie d’Holbach, Diderot oder Helvétius an die Allmacht der Naturwissenschaften. Auch was die Politik betrifft, kann er den Optimismus seiner französischen Kollegen nicht teilen. Für Hume ist das Allgemeinwohl etwas, das aus einer Summe entspringt. Handelt jeder Mensch in einem ausgewogenen Verhältnis von Eigennutz und Tugend, so könnte dies am Ende der Gesellschaft nützen. Für die »Scheichs in der Rue Royal«, wie Hume seine Gastgeber nennt, ist das Allgemeinwohl eine höhere Instanz, der man sich unterwirft. Es entgeht ihm nicht, dass für die strenggläubigen Atheisten das Allgemeinwohl eine ähnliche Rolle spielt wie für die Theisten Gott. Den Tugendterror Maximilien Robespierres wird Hume nicht mehr erleben, seine unfreiwilligen Vordenker in ihrem intoleranten Eifer verstand er aber bereits besser als sie sich selbst."[mijn nadruk](757-758)

Verder over Charles-Louis de Secondat, Baron de la Brède et de Montesquieu (1689 – 1755).

"Legislative, Exekutive und Judikative bilden für ihn das Dreigestirn, das sorgfältig getrennt den Bestand eines tugendhaften Staats sichert.(...) So weit, so klug – und so folgenreich für die europäische und US-amerikanische Geschichte. Doch ist damit noch nicht gesagt, welche Gesetze die richtigen sind."(764)

Over Jean-Jacques Rousseau (1712 – 1778).

"Der übertriebene Glaube an die staatliche Vernunft hat in Frankreich einen naheliegenden Grund. Wer – anders als die Briten – wenig Erfahrung mit einem echten Parlament hat, darf noch naiv sein im Hinblick auf den Stellenwert des Allgemeininteresses in der real praktizierten bürgerlichen Politik – eine gefährliche Naivität, die viele französische Aufklärer vereint. Seine feierlichste Überhöhung findet dieser Fetisch der allgemeinen Vernunft im Werk jenes Mannes, dessen Name heute meist als Erstes fällt, wenn man an die französische Aufklärungsphilosophie denkt – bei Rousseau!"[mijn nadruk](774)

"Mit seinem Einzelgänger-Ideal fällt Rousseau weit hinter Aristoteles und Locke, ja selbst hinter Hobbes zurück und erklärt seine private Fantasie kurzerhand zur wahren Natur des Menschen. Spannend und weitsichtig ist dagegen der Gedanke, dass nicht der Tausch und der Besitz den Menschen zum modernen Menschen machten. Stattdessen entwickelt Rousseau ein psychologisches Gegenmodell zum Homo mercatorius der Briten. Alle Entwicklung hin zu einer bürgerlichen Gesellschaft entspringt für ihn aus einem Gefühl oder einer Neigung: dem Wunsch, etwas zu bevorzugen oder selbst bevorzugt zu werden."[mijn nadruk](783)

"Das Eigentum verdirbt den Charakter. Aus der unschuldigen Selbstliebe wird böse Selbstsucht. Wenige Reiche entstehen und sehr viele Arme. Dies ist der »bürgerliche Zustand«, wie Rousseau ihn im 18. Jahrhundert in Frankreich vorfindet. Will man ihn gerechter und besser machen, so braucht es eine Rechtsordnung, die die ursprüngliche Gleichheit der Einzelgänger wiederherstellt."(785)

"Wie Hobbes und Locke entwirft Rousseau eine Vertragstheorie. Sinn des Vertrages ist es, die Freiheit des Einzelnen so gut zu bewahren und zu schützen, wie es einer bürgerlichen Gesellschaft bestenfalls möglich ist. Legitim ist eine Herrschaft dann, wenn sie die Autonomie des Bürgers so gut schützt, wie es geht."(788)

"Dass Rousseau zu den freien und gleichen Menschen weder Frauen zählt noch ... die schwarzen Sklaven in den Kolonien, ist weniger erfreulich. Seine Bürger sind weiße Männer. Zu deren bürgerlichen Freiheiten gehört ein Recht darauf, Eigentum zu erlangen, und zwar als Frucht von Arbeit und sonst nichts"(789)

"Dass Tausende unvernünftige Wähler eine Instanz hervorbringen sollen, die die allgemeine Vernunft verkörpert, ist ohne Zweifel die große Schwachstelle des ganzen Systems. So fortschrittlich Rousseau auch ist, wenn er die Ständegesellschaft abgeschafft, den Adel entmachtet und die direkte Demokratie eingeführt sehen will – der strenge Glaube an die allgemeine Vernunft macht seine Utopie weltfremd. Und sie öffnet alle Tore für eine totalitäre Herrschaft. Denn wer den Gesellschaftsvertrag verletzt, hat nach Rousseau sein Recht auf Leben verwirkt!"(790)

"Die philosophes sind hin- und hergerissen. Einerseits möchten sie das Eigentum eines jeden geschützt sehen. Und andererseits erstreben sie ein Leben in Wohlstand für alle. Sie wollen die Freiheit des Einzelnen bewahren und gleichzeitig jedem zu seinem Recht verhelfen. Vor allem aber erträumen sie sich ein Leben, das für 95 Prozent der Bevölkerung in Frankreich unter den gegebenen Umständen völlig undenkbar ist. Als eine Art Hipster-Bewegung des 18. Jahrhunderts produzieren sie die Leitbilder eines zukünftigen Lebens. Aber auf welcher ökonomischen Basis soll es sich für möglichst alle realisieren lassen? Was muss in Frankreich geschehen, damit die Aufklärung nicht Folklore für hippe Adelige am Rande des Existenzmaximums und besserverdienende Publizisten in ihren Salons bleibt?"(802)

Over Marie Jean Antoine Nicolas Caritat, Marquis de Condorcet (1743 – 1794):

"Das Buch erscheint trotzdem: Esquisse d’un tableau historique des progrès de l’esprit humain (Entwurf eines historischen Gemäldes der Fortschritte des menschlichen Geistes). Unter den Philosophen der französischen Aufklärung gehört Condorcet heute zu den wenig beachteten. Dabei war er eine der bedeutendsten Größen seiner Zeit, ein Universalgelehrter von beachtlichem Format."(810)

Condorcet's programma:

"Erstes Axiom: Jeder Mensch strebt im Leben nach Glück. Zweites Axiom: Glück erfährt der Mensch durch das Streben nach Wahrheit und Gerechtigkeit. Je mehr die Menschen wüssten, umso leichter sollte es ihnen fallen, kluge und richtige Entscheidungen für ihr Leben zu fällen und glücklich zu sein. Und je glücklicher die Menschen seien, umso besser sei dies für die Allgemeinheit. Ist dies richtig, so ist es der wichtigste Auftrag des Staates, seine Bevölkerung so gut wie möglich zu informieren und zu bilden. Denn je mehr Bildung, umso mehr Wahrheit. Und umso mehr Wahrheit, umso besser für die Moral und die Politik."(815)

"Mit Gleichgesinnten schließt er sich zusammen zur Société de 1789 und publiziert in deren neu gegründeter Zeitschrift. Von nun an ist er einer der wichtigsten Vordenker der Revolution. Kein Wunder, dass man ihn 1791 in den neunköpfigen Ausschuss beruft, um eine neue Verfassung auszuarbeiten.(...)
Im Frühjahr 1793 wendet sich das Blatt, die Jakobiner ergreifen die Macht in Paris. Die neue Verfassung, Condorcets ganzer Stolz, fliegt in den Papierkorb. Von nun an regiert der »Wohlfahrtsausschuss« unter Führung des radikalen Advokaten Maximilien Robespierre (1758 – 1794), einem glühenden Verehrer Rousseaus."(817-818)

"Die französischen Philosophen hingegen sind Ungläubige des Marktes. Für sie ist die Vernunft vor allem eins: ein Kampfbegriff gegen das Glaubensgebäude des feudalen Absolutismus! Was vorher Gott war, das Gute, die naturgegebene Ordnung in der Welt, die universelle Gerechtigkeit, soll nun die Vernunft sein."[mijn nadruk](824)

"Unter der Herrschaft des glühenden Rousseau-Verehrers Robespierre wird der volonté générale zum neuen Logos: zu einer überindividuellen, gleichsam göttlichen Instanz, der sich der Einzelne bedingungslos zu unterwerfen hat."(825)

"Kult, Abstraktion und Formalismus ersetzen, was an konkreten Gestaltungsideen für das menschliche Zusammenleben fehlt. Rousseaus Stadtstaaten-Modell ist unrealistisch für den französischen Flächenstaat. D’Holbachs aufgeklärter Ständestaat hat keine Verfassung und keinen überzeugenden Bezug zu seinem Natursystem. Helvétius’ gute Ideen hängen nicht minder in der Luft. Diderot weiß sehr genau, wogegen er ist, aber in der praktischen Umsetzung nicht, wofür. Und Montesquieus Idee der Gewaltenteilung ist so englisch und untypisch für französisches Denken, dass sie kaum ernst genommen wird."(826)

"Doch so schnell, wie das alte Weltgebäude abgerissen ist, entsteht kein neues. Anders als die Religion hat die Vernunft keine Infrastruktur in der Gesellschaft, in Institutionen und in den Köpfen der Menschen. Und die Revolution ist keineswegs gesichert, sondern umzingelt von realen und imaginierten Feinden. Kein Wunder, dass Robespierre mit Rousseau umspringt wie später Lenin mit Marx. Der Idee nach gilt die Herrschaft der allgemeinen Vernunft für alle Menschen und Gesellschaften, ebenso wie die neu verkündeten »Menschenrechte«. Doch deren Siegeszug geschieht nicht in der Logik Condorcets.
Alles über den Menschen zu wissen und eine durch und durch rationale Gesellschaft aufzubauen, sind zwei verschiedene Dinge. So kann man daran zweifeln, ob sich die Menschen eine durch und durch vernünftige Gesellschaft wünschen oder wünschen sollten. Vermutlich wünschen sich die meisten auch heute kein vollständig vernünftiges Leben und eine bis in jedes Detail vernünftige Gesellschaft. Unvernünftige leidenschaftliche Liebesaffären hätten darin genauso wenig ihren Platz wie Leistungssport, Spiele, Horoskope und so weiter. Unsere gesamte Vorstellung von »Freizeit« ist definiert als jener Bereich, in dem wir freundlicherweise nicht gezwungen sind, vernünftig zu sein."(827-828)

(836) Philosophie des Deutschen Idealismus

(838) Im Kosmos des Geistes

Over Immanuel Kant (1724 – 1804). Eerst over zijn vroegste werken, met tussendoor bespreking van mensen als Hermann Samuel Reimarus (1694 – 1768), Gotthold Ephraim Lessing (1729 – 1781), Moses Mendelssohn (1729 – 1786), en Emanuel Swedenborg (1688 – 1772).

"Kant braucht Gott nicht, um die Dynamik der Welt zu erklären. Aber er braucht ihn weiterhin, um zu erklären, warum es alles gibt und nicht nichts."(846)

"Doch Kants Gott ist nicht der Gott des Christentums. Wie bei Leibniz ist er die erste Ursache, der Weltenschöpfer, der die bewegte Materie schuf und sie nach ewigen Gesetzen und Prinzipien walten lässt. Gott zu erfahren bedeutet nicht, in eine Kirche zu gehen und zu beten."(848)

"Alle Gottesbeweise sind für ihn keine Beweise. Wir glauben nicht an Gott, weil wir logisch aufzeigen können, dass es ihn gibt. Wenn wir Gott ins Spiel bringen, so nur aus moralischen Erwägungen heraus.(...) Wenn es Gott geben muss, dann nicht aus logischen Gründen, sondern damit Menschen ihr Verhalten danach ausrichten und sich sittlich benehmen." [mijn nadruk] (851)

[De bekende verkeerde insteek ... ]

"Die deutsche Religionskritik ist sanfter als in Paris und sie stellt nicht die Existenz Gottes infrage, sondern nur einen falschen Dogmatismus."(852)

"Nicht der Glaubensinhalt, sondern die Rechthaberei macht Religionen verdächtig und mit ihr auch alle deistischen oder atheistischen Glaubens- und Unglaubensvereinigungen, die sich im Besitz der Wahrheit wähnen. Wie wahr sind diese Worte – bis heute!" [mijn nadruk] (856)

[Merkwaardige opmerking, waarschijnlijk goed bedoeld als kritiek op welke dogmatische gelijkhebberigheid dan ook. Maar ik vind het wat naïef. De 'geloofsinhoud' ... wat is dat? welke? en hoe kun je die loszien van het gegeven dat je er van overtuigd bent dat datgene waarin je gelooft waar is en klopt en niet alleen maar voor jezelf natuurlijk. Ergens in geloven en tegelijkertijd vinden dat dat puur persoonlijk is is vreemd bij allerlei geloofsinhouden. Het hangt er dus van af. Kortom, beetje kort door de bocht.]

"Wie der Schwede [Swedenborg - GdG] möchte auch Kant den »Geist« vor dem Zugriff der Physiker retten. Gibt es nicht einen immateriellen Geist in uns, der mit unserem Leib korrespondiert? (...) Die Philosophen haben den »Geist« nur unterschiedlich interpretiert, es geht aber darum, seine Existenz sicherzustellen. Es geht, mit einem Wort, um die Berechtigung der »Metaphysik« und nicht nur um jene der Physik."(864)

En dan leest Kant een vertaling van Hume ...

"Er ist, wie er später schreibt, aus seinem »dogmatischen Schlummer gerissen«. Ist nicht all das wahr, was Hume schreibt? Dass es gar keine Metaphysik gibt, für die Kant seit einem Jahr Professor ist? Dass alles Metaphysische nur aus unhaltbaren Spekulationen besteht und aus unauflösbaren Widersprüchen des Geistes? Dass alle Erkenntnis sinnliche Erkenntnis ist? Dass der Verstand gar nicht frei ist, sondern Untergebener eines unerbittlichen Kausalitätsschemas? Dass alle moralischen Entscheidungen von Gefühlen bestimmt werden, deren wir nicht Herr sind?"(868)

"Was Kant sucht, ist die große Synthese aus Rationalismus und Empirismus; ein neues System, das endgültig erhellt, wie unsere angeborenen Erkenntnisstrukturen und unser Erfahrungswissen zusammenspielen. Und das beweist, wie wir auch in den metaphysischen Fragen nach dem Wahren, nach dem Schönen und vor allem nach dem Guten zu letzten Einsichten kommen können."(872)

"Der Geist jedes einzelnen Menschen – der neue Mittelpunkt des Universums – wird nun im Hinblick auf das Zusammenspiel von sinnlicher Erfahrung und Erkenntnis untersucht. Die Rolle der Begriffe im sinnlichen Erfassen wird herausgestrichen, wobei der Einfluss Condillacs auf Kant bis heute nicht gut geklärt ist."(876)

[De basisfout is ook bij Kant nog steeds dat niet uitgegaan wordt van mensen temidden van andere mensen. Er wordt geabstraheerd naar het kennen van een geïsoleerd individu - "dass alle Welt die Welt in meinem Kopf ist" zoals Precht wel vaker zegt - , terwijl mensen vanaf de geboorte met andere mensen te maken hebben. Kennen is altijd sociaal en in de wereld. Niemand heeft iets aan abstracties van dat soort. Het leidt ook tot alle onzin over 'Ding an sich', waar Kant zegt niets van te weten maar maar hij wel eindeloos veel over praat en eigenschappen aan toekent: hij postuleert God ivm de moraal, hij postuleert een rijk der vrijheid ivm de moraal, en zo verder, die zogenaamd noodzakelijk zijn, maar precies dat noodzakelijke ervan wordt nooit aangetoond.]

"Fast jeder große Philosoph seit der Antike hat sich bei diesen Fragen für die eine oder andere Antwort entschieden. Aber zu Unrecht, wie Kant meint. Denn bei allen vier gegensätzlichen Aussagepaaren gibt es keine einfache Entscheidung, »weil sowohl Satz als Gegensatz durch gleich einleuchtende klare und unwiderstehliche Beweise dargetan werden können«. Nun muss es aber eine Lösung geben, denn das Universum ist entweder zeitlos und unendlich, oder es ist es nicht usw. Doch vielleicht – und das ist Kants Lösung – sind die Fragen falsch gestellt. Für ihn liegt das Missverständnis im Begriff »Welt«." [mijn nadruk] (894)

[Ja, verkeerde vragen, vaag taalgebruik, waardoor problemen ontstaan die eigenlijk helemaal geen probleem zijn. Filosofie bestaat voor het grootste deel uit taalspelletjes rondom schijnproblemen. ]

(902) Das moralische Gesetz in mir

"Als die Kritik der reinen Vernunft erscheint, blüht auch in mancher deutschen Stadt die Aufklärung, vor allem in Berlin. Doch die dortigen Aufklärer sind von Kants Werk enttäuscht: zu unkonkret, zu umständlich, zu unverständlich. Besonders heftig ärgert sich Kants temperamentvoller Freund Hamann, der sich in Königsberg mit einer Stelle als Packhofverwalter begnügen muss. Hat Kant in seinem Werk nicht das Kind mit dem Bade ausgeschüttet? Wie kann man die Vernunft von all dem reinigen, was menschliche Überlieferung und Glaube ist? Ist die Vernunft nicht ein historisches und kulturelles Konzept? Wird sie nicht durch Erziehung vermittelt und durch die Erfahrung der Sinne geprägt? Für Hamann ist Kant ein sanfter Diktator. Denn die »Gesundheit der Vernunft ist der wohlfeilste, eigenmächtigste und unverschämteste Selbstruhm, durch den alles zum voraus gesetzt wird, was eben zu beweisen war, und wodurch alle freye Untersuchung der Wahrheit gewaltthätiger als durch die Unfehlbarkeit der römisch-katholischen Kirche ausgeschlossen wird«.
Mit seiner Kritik an einer zeitlosen und gesetzgebenden Vernunft legt Hamann den Finger in jene Wunde, die später im Tugendterror der Französischen Revolution zu bluten beginnt." [mijn nadruk] (904)

[Mijn idee. Ik heb het boek twee keer doorgeploeterd en vind dat Johann Georg Hamann (1730-1788) helemaal gelijk heeft. Het is het boek van een studeerkameergeleerde, van iemand die zich heeft opgesloten in abstracties. Het is één van die vreselijke trends in de filosofie: dat onleesbare en onbegrijpelijke en vage boeken 'diepzinnig' worden genoemd en gezien worden als de grootste werken in de filosofie.]

Over Kants beroemde publicatie Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? is Precht kritisch:

"Denn »Aufklärung« wird als Prozess beschrieben, in dem ein Einzelner sich über sich selbst aufklärt und autonom wird. Wer mutig ist, der befähigt sich zur Mündigkeit. Diese Verkündigung unterschätzt die eisernen Fesseln der Geschichte, der Macht, der Erziehung, der religiösen Bevormundung, der preußischen Obrigkeit – sie schwärmt von der Kraft des selbstbestimmten Einzelnen. Statt mit einem gesellschaftlichen Problem haben wir es nur mit einem psychologischen zu tun: Manchem fällt es schwer, »sich aus der ihm beinahe zur Natur gewordenen Unmündigkeit herauszuarbeiten. Er hat sie sogar lieb gewonnen.«159 Und zwar aus »Faulheit und Feigheit«. Wie bei Rousseau muss der Mensch seine kulturellen Gewohnheiten abschütteln, die ihn unfrei machen. Er muss seine wahre Vernunftnatur entdecken, um frei zu werden, und zwar durch kontinuierliche Arbeit an sich selbst!" [mijn nadruk] (910)

[Precies. Maar diezelfde op een individu betrokken benadering is er dus ook in de Kritik en is even ver van de realiteit.]

"Der preußische Obrigkeitsstaat, diese kommode Militärdiktatur als Vorbild der Welt? Was mag Kant bloß dabei gedacht haben, fragt Hamann, sich so untertänig zu zeigen? Liegt es daran, dass er einfach nur den Absolutismus von der Politik in die Philosophie verschiebt? So wie der preußische Staat dem öffentlichen Menschen die Spielregeln diktiert, so die Vernunft dem privaten? Kants Kult der Vernunft ist für seinen Freund einmal mehr diktatorisch, eine »selbstverschuldete Vormundschaft«. Noch mehr bringt ihn auf, dass der privilegierte Professor »hinter dem Ofen und in der Schlafmütze« den Unmündigen die Schuld gibt, statt jenen ungenannten anderen, die ihn unmündig halten. Wird hier nicht das Opfer der Verhältnisse, der von Kindesbeinen an drangsalierte Untertan, zum Täter an sich selbst gemacht?" [mijn nadruk] (913)

[Geweldig, die Hamann. ]

"Hamanns Kritik an Kant trifft einen Nerv der Aufklärung: den Widerspruch, dass jemand anderes mich auffordert, selbst und frei zu denken! Die Vernunft – oder der Philosoph, der in ihrem Namen spricht – drängt mich, ihr zu gehorchen. Beuge ich mich dieser Anweisung, so soll ich selbstbestimmt sein. Besonders überzeugend ist das nicht. Doch was ist, wenn dieser Imperativ, vernünftig zu handeln, gar nicht von außen kommt? Wenn er in jedem Menschen selbst angelegt ist? (...) Gibt es einen »Imperativ« der Vernunft? Spricht da etwas in mir und sagt, ich soll bedächtig, ausgewogen, überlegt und sogar »gut« handeln? Ohne Zweifel! Meine Lebensklugheit sagt mir, dass ich ein bestimmtes Ziel leichter erreiche, wenn ich die Mittel dafür sorgsam einsetze. Wenn ich abwäge, was ich tue, wenn ich vorausdenke, wenn ich Strategien entwickele, um zu einem Ziel zu kommen, wenn ich die Folgen meiner Handlungen abschätze und mit ihnen kalkuliere. Und ist es nicht ratsam, meist freundlich zu anderen Menschen zu sein und ihre Gefühle und Befindlichkeiten mit einzurechnen? Genau so haben bereits Hume und Smith ihre Ethik entwickelt."(914)

"Diese Frage möchte ein schmales Bändchen beantworten, das Kant 1785 vorlegt. Im Alter von einundsechzig Jahren veröffentlicht er seine erste Schrift zur Moral: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten. Das Ziel ist ehrgeizig: Kant möchte eine Ethik entwickeln ohne Rücksicht auf emotionale Antriebe, Umstände, Nützlichkeitserwägungen und kulturelle Prägungen. Natürlich weiß er, dass all dies unser Handeln im Alltag stark bestimmt. Aber darauf kann man keine wissenschaftliche Ethik gründen." [mijn nadruk] (916)

[En daar gaan we weer ... ]

"Kants Ethik soll »unbedingt« gelten und »von sich aus«. Sie soll auf Vernunftprinzipien gründen, die jeder Mensch »in sich« hat. Doch wo liegt diese Quelle des Guten?"(917)

"Gut ist, wer das Gute um seiner selbst willen anstrebt. Und die Quelle dafür sind weder Nützlichkeit noch Glück noch Charakter noch Temperament, sondern einzig und allein der »gute Wille«! (...) Kants Ethik ist eine Gesinnungsethik, bei der es einzig und allein auf die gute Absicht ankommt:"(919)

"Der gute Wille ist unbedingt und seiner Natur nach nicht beeinträchtigt durch die jeweiligen Lebensumstände. Mit der Sinnenwelt hat Kants kategorischer Imperativ nichts zu schaffen. Seine Heimat ist das Reich der Freiheit, das Kant in der Kritik der reinen Vernunft behauptet hatte. Der normale Mensch schwankt damit in seinem Leben unausgesetzt hin und her. Als Vernunftwesen kann er sich in seiner freien Verstandeswelt aufhalten, in der der kategorische Imperativ ihn zum Guten verpflichtet. Als Sinneswesen dagegen lebt der Mensch in der Welt der Kausalität, der Abhängigkeiten und der Umstände. Um sich dort zielsicher zurechtzufinden, ist es klug, sich an Vernunfteinsichten zu halten. Am besten lässt man sich durch vernünftige Handlungsregeln leiten, die Kant Maximen nennt." [mijn nadruk] (922)

"Im 18. Jahrhundert ist Kants Konzept der »Menschenwürde« in jedem Fall ein richtungsweisender Schritt. Und sein kategorischer Imperativ ist verbindlicher als Smiths »unparteiischer Beobachter«. Er tritt mit der Strenge eines Gesetzes auf, das ich unterschreiben soll, sofern ich ganz bei Trost bin. Doch für diese Notwendigkeit bezahlt Kant einen hohen Preis. Seine Ethik sieht von all den praktischen Verstrickungen ab, die eine reale Handlungssituation ausmachen. Und er legt den Ursprung unserer Moralität so tief in uns hinein, dass er dafür eine ganz eigene Sphäre, »das Reich der Freiheit«, erfinden muss." [mijn nadruk] (927)

"Zumindest für Kant scheint zu gelten, was die französische Chansonsängerin Édith Piaf einmal ganz allgemein meinte: »Moral ist, wenn man so lebt, dass es gar keinen Spaß macht, so zu leben.«(...)
Weil Kant ein Mensch ist, dem es schwer gelingt, seine Leidenschaften zu leben, aber einfach, sie zu unterdrücken, macht er sich selbst zum Maßstab. Die Vernunft, die er beschreibt, und der unbedingte Wille zum Guten, den er in sich spürt, sind das, was vor allem ihn selbst ausmacht."(934-935)

(961) Der höchste Standpunkt

Over Johann Gottlieb Fichte (1762 – 1814).

"Ist Fichte der Descartes des späten 18. Jahrhunderts, der das entdeckt, was Generationen von Philosophen einschließlich Kant, der so nah dran war, verborgen geblieben ist? Ist das, was in Ulm entstand, in Zürich zu seiner Vollendung gelangt? Genau das glaubt der Mann in Lavaters Wohnstube. Er meint, Kant besser verstanden zu haben als dieser sich selbst. Der Weg ist frei für eine Philosophie als strenge Wissenschaft. Die Transzendentalphilosophie ist reformiert, ihre Schwächen sind behoben, das höchste Prinzip der Philosophie ist zum ersten Mal klar erkannt. Und dieses Prinzip ist das »Ich« – jenes Ich, das bei Descartes als selbstevidente Intelligenz aufflackert und nun von Fichte seinen wahren Platz zugeteilt bekommt: als Gesetzgeber unserer ganzen Welt!"(964)

"Er will Kants Philosophie von allen Unklarheiten befreien, und er will sie populär machen, indem er Kant populärer darstellt."(965)

"Wenn heutige Historiker das Buch [over de Franse Revolutie - GdG] gleichwohl nur mit spitzen Fingern anfassen, dann deshalb, weil sich darin zugleich antisemitische Hetze der übelsten Sorte findet. Es wird nicht der einzige Widerspruch in Fichtes bizarrem Fühlen und Denken bleiben …"(968)

De jonge generatie Duitse filosofen neemt Kant als basis, maar heeft op een aantal zaken kritiek, kritiek die al eerder gegeven werd door Hamann bijvoorbeeld.

"Hamanns Einwand ist zukunftsweisend. Er gilt heute als wichtigster Kritikpunkt an Kant. Auch dessen Schüler, der ostpreußische Dichter und Kulturphilosoph Johann Gottfried Herder (1744 – 1803), sieht die Sprache im Zentrum des Denkens und nicht die reine Vernunft. Was Kant »Vernunft« nenne, sei etwas, was der Mensch aus Erfahrung lerne und sprachlich ausforme. Dabei bleibt er immer der Welt seiner Gefühle verhaftet, denn reines Denken ohne Fühlen, Vernunft ohne Sinnlichkeit sind für Herder Unsinn. Wer den Menschen verstehen will, der suche nicht nach der Grammatik der Vernunft, sondern untersuche die Sprache und das Denken im Laufe der menschlichen Kulturgeschichte." [mijn nadruk] (970)

[Ik ben het helemaal met Herder eens. ]

"In schrägem Wahn hält Fichte die Deutschen für das auserwählte Volk, um »die neue Zeit, vorangehend und vorbildend für die übrigen, zu beginnen«. Die Überlegenheit entspringt der deutschen Sprache. Denn in welcher Sprache lässt sich schon angemessen philosophieren, außer in der deutschen? Fichtes Schwärmerei für das Deutschsein in schwerer Zeit kennt keine Grenzen. Schließlich versteigt er sich sogar zu der Behauptung, dass »Charakter haben, und deutsch sein, ohne Zweifel gleichbedeutend« sei."(1001)

(1003) Seelenwelt oder Weltseele?

"Philosophisch betrachtet, bleibt der Gedanke, alles aus dem »Ich« heraus zu erklären, ein wichtiges und bedenkenswertes Konzept."(1003)

[Ik zie niet in waarom. Het lijkt me precies de verkeerde manier van denken.]

"Gleichwohl wirkt Fichte am Ende des 18. Jahrhunderts in Deutschland wie ein Missionar. Der Reformer Kants ist der große Reformator der Philosophie, seine Wissenschaftslehre das Evangelium des Ichs. Zweimal kommt er nach Tübingen, im Juni 1793 und im Mai 1794. Am dortigen Stift studieren drei Theologiestudenten, von denen jeder auf seine Weise von Fichte fasziniert ist: Friedrich Hölderlin (1770 – 1843) und Hegel haben ihr Studium 1793 gerade beendet. Nur der jüngere Friedrich Wilhelm Joseph Schelling (1775 – 1854) plagt sich noch mit dem trockenen Lehrplan und dem Mief der höheren Lehranstalt."(1008)

Meer over Friedrich Wilhelm Joseph Schelling (1775 – 1854).

"Doch was garantiert uns, dass das, was wir über die Natur denken, die wahre objektive Natur ist und kein Hirngespinst?"(1012)

[Dat is de kernvraag. Maar een abstractie naar het Ich / het bewustzijn / de Geest / de wereldziel / het Zijn zal niet helpen om die vraag te beantwoorden. ]

"Jetzt präsentiert Schelling eine neue Lösung, in der das »Ich« nicht einfach nur der Kosmos des Bewusstseins ist, sondern Teil eines Kosmos, in dem das Absolute regiert. Über allen menschlichen Beschränkungen steht das Unbeschränkte. Der Geist Spinozas hat Fichtes Idealismus ersetzt. Aus Fichtes rein subjektiv gedachter Wissenschaftslehre ist eine religiöse Identitätsphilosophie von Geist und Natur geworden."(1021)

"Formuliert man es böse, so lässt sich sagen, dass Schelling die deutsche Naturforschung weit hinter Bacon und Galilei zurückgeworfen hat, so dass Franzosen und Engländer von nun an einen größeren Platz einnehmen konnten. Sieht man es freundlicher, so entdeckt man in Schelling einen klugen Mahner, der den exakten Wissenschaften vorführt, wie abhängig ihre vermeintlich objektiven Erkenntnisse vom menschlichen Denken sind."(1024)

Over Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 – 1831).

"Hat Schelling auf ziemlich dunkle Weise versucht, das, was für Jacobi außerhalb des menschlichen Verstandes liegt – das Unbedingte und Absolute –, in seine Philosophie einzubauen, so will Hegel dieses Werk vollenden. Das Sein, die Substantialität der Dinge, und das Bewusstsein, die subjektive Weise, in der sie uns erscheinen, sollen zur Deckung gebracht werden. Für Hegel kommt die Philosophie dann zur Wahrheit, wenn sie zeigt, dass das, was unser Bewusstsein erfasst, zugleich das objektive Sein der Dinge ist. Wenn die Vorstellung, die wir uns von den Dingen machen, mit dem eigentlichen Sein dieser Dinge verschmilzt. Schelling hatte viele Worte darum gemacht, wie er Transzendentalphilosophie und Naturphilosophie auf einen Nenner bringen wollte. Aber ein überzeugendes System war ihm schon deshalb nicht geglückt, weil man sich unter seinem »Absoluten« letztlich gar nichts vorstellen kann. Diese Unklarheit will Hegel durch ein neues System und eine neue Methode des Denkens beheben."(1034)

"Bereits die vermeintliche »Einleitung« gilt als eines der sperrigsten Bücher der Philosophie. Hegels schwerfällige Sprache hat daran einen nicht unwesentlichen Anteil. Hatte Kants umständliche lateinische Schulgrammatik schon bei seinen Zeitgenossen Anstoß erregt, musste man bei Schelling die Absicht des Autors zwischen poetischen Formulierungen im Grenzgebiet zwischen Unter- und Übervernunft suchen – um wie viel schwerer ist es noch, Hegel zu lesen!"(1037)

[Dat is een reden om wat iemand zegt of schrijft diepgaand te wantrouwen ...]

"Denn wie für Schelling, so gibt es für Hegel ein Sein, das außerhalb unseres Bewusstseins ist, aber durch das Übersteigen des Verstandes gleichwohl erkannt werden kann. Und wie sein früherer Freund nennt Hegel dieses Sein das »Absolute«. Nur dass er mit Schellings »Absolutem« nicht viel anfangen kann."(1042)

"Alles, was wir wissen, wissen wir in unserem Bewusstsein. Selbst wenn wir uns als Ich von der Welt unterscheiden, tun wir dies in unserem Bewusstsein. Zwar behaupten wir, dass nur das wahr ist, was auch unabhängig von unserem Bewusstsein gelten soll. Aber selbst diese Aussage machen wir in unserem Bewusstsein. Unser Bewusstsein steht also nicht der Welt gegenüber, sondern es ist die umfassende Einheit aus Bewusstsein und ihm entgegengesetzter Welt. Es ist, mit Hegel gesagt, »die Identität der Identität und Nichtidentität«. Und das bedeutet: Es gibt keine Wahrheit außerhalb meines Bewusstseins.(...) Alle Wahrheit ist also in unserem Bewusstsein, wir müssen sie nur freilegen und uns ihrer bewusst werden."(1046)

"Was für ein gewaltiges Tableau! Auf der Weltbühne kommt der Geist in einem großen Ringen zu sich selbst und endet grandios im absoluten Wissen. Geschichte als Selbstenthüllung! Hegels Komposition ist eine bombastische Mischung aus Fichtes Bewusstseinsphilosophie, Theologie ohne Gott und pathetischer Zeitdiagnostik! Und ihre Wirkungsgeschichte für die abendländische Kultur ist, wie wir noch sehen werden, enorm."(1051)

(1053) Sein und Schein des Schönen

Over de kunstfilosofie van die tijd: de kunst als toegang tot het Absolute, en zo verder.

"Und genau daran knüpft nun Schelling an. Für ihn ist es »unleugbar«, dass die Mythologie »einen unendlichen Sinn und Symbole für alle Ideen in sich schließt«. Was den antiken Philosophen naiv erschienen war, sei in Wirklichkeit eine »Offenbarung« des Absoluten."(1060)

[Aan dat soort formuleringen zie je hoe 'religieus' / theologisch dit denken nog is. Het woord 'god' wordt vervangen door woorden als 'absolute' / 'Zijn' / en zo verder.]

"Aus heutiger Sicht ist Schellings Kunstphilosophie seine bedeutendste Leistung. Dass Kunst mehrdeutig, vielleicht sogar unendlich ausdeutbar sein soll, gehört als ungeschriebener Verfassungsauftrag zu jeder Kunstproduktion. Das Gleiche gilt weitgehend für ihre Freiheit von praktischen Zwecken. Und dass der Künstler nicht die Natur nachahmen soll, ist spätestens seit Ende des 19. Jahrhunderts eine Selbstverständlichkeit. Doch auch jener Gedanke, der tief in Schellings spekulativer Philosophie ankert – das Aufscheinen des Absoluten in der Kunst –, hat eine folgenschwere Nachwirkung auf Hegel, Nietzsche, Ernst Bloch (1885 – 1977) und Theodor W. Adorno (1903 – 1969).
Ist es am Ende der Künstler, der der Wahrheit am nächsten kommt, und nicht der Philosoph, wie Schelling spekuliert?"(1063)

Volgt een beschrijving van de kunstfilosofie van de Oudheid tot hier.

(1113) Das Ende der Geschichte

Hegel wordt professor in Berlijn op een moment dat de vrijheid van denken door de Staat steeds meer wordt ingeperkt.

"Dass sich der Wind in Preußen gedreht hat und auch die Universität kein Hort bedingungsloser geistiger Freiheit ist, merken die Professoren in Berlin genau zu jener Zeit, als Hegel seine Lehrtätigkeit beginnt. Im August 1819 erlassen Preußen und Österreich die Karlsbader Beschlüsse. Die beiden Großmächte bekämpfen die freiheitliche Öffentlichkeit, die nationalen Bestrebungen in Deutschland und die Forderung nach Mitbestimmung und Demokratie."(1121)

"Hegels Theorie vom Siegeszug des Geistes und seine Denkfiguren von subjektivem, objektivem und absolutem Geist überzeugen im 21. Jahrhundert nur noch die wenigsten. Manches daran ist Zeitgeschichte, etwa wenn Hegel das Bedürfnis hat, einen christlich-germanischen »Volksgeist« zu identifizieren. Anderes ist Folge des überehrgeizigen Projekts, die gesamte menschliche Gefühls-, Gedanken- und Kulturwelt konsequent dialektisch zu erklären. Und doch enthält Hegels Rechtsphilosophie viel Bedenkenswertes, viel Kluges und Neues, das aus dem Korsett einer allzu fest geschnürten Begriffswelt hervorblitzt."(1127)

[Dus ... We moeten al die onzin van een filosoof acceperen omdat er ergens een paar kleine aardige gedachten in te vinden zijn? ]

"Der freie Wille blüht nicht im einsamen Abwägen von Möglichkeiten hinter der Denkerstirn, sondern er bewährt sich tagtäglich in unseren Sozialbeziehungen. Freier Austausch und Dialog bilden deshalb die elementare Sphäre allen sittlichen Lebens. Und sie zu ermöglichen, zu schützen und zu fördern ist die wichtigste Aufgabe des Staates. Diese Einsicht ist Hegel nicht in Berlin gekommen, sondern sie beschäftigt ihn schon lange. Dass er sie in Preußen zu Papier bringt und gleichwohl nicht gegen die Karlsbader Beschlüsse mit ihren Maulkorb-Erlassen protestiert, steht auf einem anderen Blatt." [mijn nadruk] (1130)

[Tja ... dan zijn het maar woorden dus? Het idee zelf is erg plausibel.]

"Was für die Rechte gilt, das gilt auch für die nächste Stufe, die Moralität. Moralisch autonom bin ich, wenn ich frei entscheiden kann, was gut oder schlecht für mich ist. Ohne Zweifel ist auch dies ein Wert. Doch wie Hegel bereits in der Einleitung festgestellt hat, ist eine freie Entscheidung immer an Zwecke und Ziele gebunden. Um zu wissen, was für mich gut ist, muss ich zwischen konkreten Handlungsmöglichkeiten wählen. Mein Wille richtet sich also auf Zwecke und Ziele, die die Gesellschaft mir vorgibt. Denn alles moralische Handeln ist gesellschaftliches Handeln. Und die Gesellschaft suche ich mir nicht aus. Sie ist der immer schon gegebene Hintergrund und der Rahmen meines Handelns. Kein Wunder, dass Hegel deshalb alle »Vertragstheorien« von Hobbes bis Kant ablehnt. Denn das jungfräuliche Modell einer vertraglichen Einigung zum Wohl aller ist nicht nur historisch falsch (was alle Vertragstheoretiker wussten), sondern schlichtweg undenkbar. Vor jedem Vertrag steht ein Arsenal an Voraussetzungen und Vorstellungen über das, was der Staat sein soll und immer schon ist. Was Hegel hier sagt, ist richtig: ohne Kontext keine Moral! Ohne gesellschaftliche Prägungen, Vorgaben und »Bildungsprozesse« keine Vorlieben, Werte und Maximen." [mijn nadruk] (1132)

"Rechte und Moralität können also keine Endstufen sein. Sondern sie sind nur Vorstufen für eine Gesellschaft, in der wahre Sittlichkeit herrscht, für einen Staat, in dem mein Wille mit dem Allgemeinwillen verschmilzt. Oder mit Hegel gesagt, ein Staat, in dem mein subjektiver Geist mit dem objektiven Geist zur Deckung kommt."(1134)

[Maar dat is dan hetzelfde als wat er in Frankrijk gebeurde: het individu wordt onderworpen aan de Staat, aan een abstractie die zegt hoe ik moet leven, die me dwingt op een bepaalde manier te leven.]

"Die Verarmung des »Pöbels« ist also ein ungelöstes Problem. Doch welche Konsequenz soll man daraus ziehen? In England hat der Schriftsteller, Journalist und Sozialphilosoph William Godwin (1756 – 1836) bereits 1793 sein zweibändiges Werk An Enquiry Concerning Political Justice and its Influence on General Virtue and Happiness (Eine Untersuchung über politische Gerechtigkeit) geschrieben. Wie Hegel, so sieht Godwin die Vernunft auf seiner Seite. Sie treibt die Menschen zu Tugend, Gerechtigkeit und sittlichem Handeln. Und auch für ihn ist die Geschichte der Menschheit ein Auftrag zur Vervollkommnung: Der Vernunft muss zum Sieg verholfen werden! Deshalb müssen all jene Institutionen beseitigt werden, die verhindern, dass sich Vernunft und Moralität frei entfalten können: der Besitz von unnötigem Privateigentum, der freie Handel und die Finanzspekulation, aber auch die Staatsgewalt, die sich überall in die persönlichen Belange einmischt bis hinein in das Liebesleben in Form der Institution Ehe! Als Vater des Sozialismus wie des Anarchismus sieht Godwin das Heil in der gewaltlosen Überwindung eben jener bürgerlichen Gesellschaft und jenes Staates, die Hegel bald darauf mit größtem Aufwand rechtfertigt. Und als dieser 1805 in Jena die Monarchie verteidigte, den Fürsten als das »Unmittelbare, Natürliche«, spricht der englische Arzt und Sozialreformer Charles Hall (1745 – 1825) in seinen Effects of Civilization on the People of European States (Die Wirkungen der Zivilisation auf das Volk in den europäischen Staaten) vom unüberbrückbaren Gegensatz von Arbeit und Kapital: Der Schaden der Armen sei der Nutzen der Reichen." [mijn nadruk] (1144)

[Ik heb liever Godwin dan Hegel ... ]

"Auch wenn Hegels Blick oft sehnsüchtig in die Vergangenheit schweift, um das Gute im Alten zu retten, so glaubt er, anders als Hall, nicht an eine Alternative. Mit den liberalen Ökonomen ist er sich sicher: Man darf dem Räderwerk des segensreichen Kapitalismus nicht in die Speichen greifen! Nicht mal auf die sanfte Weise durch die ausgleichende Hand des Sozialstaats. Statt auf Umverteilung mithilfe von Steuern und Abgaben verlässt er sich auf die innere Dialektik des Kapitalismus. Die Antithese zur bestehenden These der Verelendung bestehe darin, neue Märkte zu erschließen."(1146)

[Zo naïef! Misschien zelfs wel kwaadwillend.]

"Wenn sein Staat im Selbstbewusstsein jedes einzelnen Menschen gründet und von dort aus dialektisch zu objektiver Sittlichkeit wird, dann kann er nur so sein, wie Hegel ihn malt, und nicht anders. Und seine Staatsbürger (der Begriff wird erst nach Hegel Karriere machen) sind logischerweise Patrioten. Sie begeistern sich für den Staat. Denn er ist ihr gemeinsam verwirklichter Wille – ein pathetischer Gedanke, den der deutsche Philosoph in jungen Jahren von Rousseau übernimmt und stets beibehält." [mijn nadruk] (1154)

[Dat vermoedde ik al. ]

"Doch wenn Hegel die Gewaltenteilung nach dem Vorbild Montesquieus verwirft, wenn er es sogar fertigbringt, die »fürstliche Gewalt« als einzig denkbare Spitze des vernünftigen Staates zu definieren, ist er so zahm und staatstragend, wie es sich der preußische König nicht schöner wünschen kann."(1156)

"Ein allgemeines Wahlrecht dagegen, wie es überall in Deutschland von fortschrittlichen Denkern gefordert wird, lehnt Hegel ab. Ähnlich verhalten ist er gegenüber der Pressefreiheit."(1159)

"Wenn heutige Philosophen an Hegels Rechtsphilosophie anknüpfen, dann tun sie es nicht ohne feines Sezierbesteck wie der Kanadier Charles Taylor (* 1931) oder der Schotte Alasdair MacIntyre (* 1929). Was sie in heutiger Zeit bewahrt wissen wollen, ist der Gedanke, Moralität und Gesellschaft vom Ansatz her miteinander zu verknüpfen. Und auch die Denker der Kritischen Theorie wie Jürgen Habermas (* 1929) und Axel Honneth (* 1949) schälen Hegel zunächst aus dem gewaltigen Überbau seiner Geistphilosophie heraus. Befreit aus diesem Kokon, erscheint ihnen der Grundgedanke der wechselseitigen Anerkennung, das »Ich im Du«, nicht nur bewahrenswert, sondern für unsere Zeit wichtiger denn je; eine Hegel-Deutung, die auf den russisch-französischen Philosophen Alexandre Kojève (1902 – 1968) zurückgeht." [mijn nadruk] (1176)